Kinder von Eltern mit Behinderungen

Kinder von Eltern mit Behinderungen

Vergangene Woche kam im ZDF bei 37 Grad eine Reportage, von Kindern deren Eltern eine Behinderung haben. Die Sendung mag ich eigentlich sehr. Diese Folge habe ich mit großer Freude erwartet. Genau mein Thema: Eltern mit Behinderungen. Also fast. Eigentlich noch viel mehr. Ich erhoffte mir hiervon ein paar Einlblicke in die Welt und Sichtweise der Kinder.

 

Denn das beschäftigt mich immer wieder. Junior ist unser Sohn. Junior hat eine Mama mit Behinderung. Eine Mama im Rollstuhl. Er wächst damit auf. Er kommt klar damit. Er kennt es nicht anders und aktuell hinterfragt er das auch (noch) nicht. Aber die Fragen sind in meinem Kopf:

  • Wie gehen ältere Kinder mit der Situation um?
  • Welche Gedanken beschäftigen sie?

Diese Fragen stelle ich mir auch immer wieder. Ich freute mich auf die Sendung. Diese kann hier in der Mediathek nachgeschaut werden. Und dann? Dann sah ich sie und war enttäuscht.

 

Es werden zwei Beispielfamilien vorgestellt:

Die 11 Jährige Anna – Lena und ihre Mama, die Lernschwierigkeiten hat. Beide werden täglich betreut.

Jana (20Jahre) und ihr Vater im Rollstuhl. Der Vater einen Querschnitt, geht arbeiten und fährt Auto. Jana zieht aus. Man sieht Sequenzen vor dem Auszug und als sie auszieht.

Vier Menschen – zwei Familien. Und hier sehe ich die erste Schwäche des Beitrages. Beide Eltern sind alleinerziehend. Selbstverständlich gibt es das und es ist wichtig, das man diesen Familien Beachtung und Unterstützung schenkt. Alleinerziehend ist immer schwieriger und anstrengender, als wenn zwei Elternteile (unabhängig von der Behinderung) vorhanden sind. Ein toller Blog zum Thema Alleinerziehende ist Mama arbeitet.

Je länger ich die Sendung sah, umso wütender wurde ich. Hier wurden Menschen dargestellt, als behinderte Personen, die von ihren Kindern gepflegt werden oder das die Kinder hier die Verantwortung für ihre Eltern übernehmen müssen.

Ich schreibe Wheelymum, um zu zeigen, das es genau so NICHT sein muss. Natürlich, kann man jetzt argumentieren, das Junior noch viel zu klein ist, um mich zu pflegen. Aber auch wenn er größer wird, will ich das nicht von ihm. Wir versuchen ihm eine ganz normale Kindheit zu ermöglichen. Wir unternehmen viel gemeinsam. Dinge die ich nicht kann, übernimmt der Papa oder Verwandtschaft und Freunde. Er soll und wird eine Kindheit haben.

 

Und damit ist er mit Sicherheit keine Ausnahme. Viele Eltern mit Behinderungen, die ich bereits kennen gelernt haben, sehen das ganz genauso. Bei fast allen Eltern ist dies auch so. Sie sind in erster Linie Eltern. Und haben eine Behinderung.

 

Es sind keine Behinderten mit Kindern. Die Fallbeispiele stellen Eltern so dar, das sie ihre Kinder einschränken, eine Belastung sind. Das macht mir  – auch als Betroffene – Angst. Ist es zwangsläufig so? Gibt es dazu keine Alternative? Nein, es muss nicht so sein! Doch es gibt eine Alternative – vielmehr noch. Es gibt ein anderes Bild und Verständnis von Eltern mit Behinderungen. Aber wo ist dieses in der Reportage?

 

In dem Beitrag fehlte ganz eindeutig die Botschaft, das behinderte Eltern selbstverantwortliche, selbstbestimmte und selbständige Menschen sein können. Eltern, die mit ihren Kindern gemeinsam die Welt entdecken, ihnen Wurzeln und Flügeln geben und für sie da sind.

 

Selbstverständlich sind die Eltern mit einer körperlichen Behinderung von anderen Problemen betroffen, als Eltern mit einer kognitiven Behinderung.

 

Doch genau das sind doch die Punkte: Sollte man nicht individuell schauen, wo Behindernisse sind, in welchen Bereichen Unterstützungsbedarf notwendig ist und wie diese jede Familie für sich, in Anspruch nehmen kann. Von fehlender Barrierefreiheit, Schwierigkeiten eine Elternassistenz zu erhalten oder ein positives Beispiel mit Assistenz – leider kein Wort. Wo sind die strukturellen Behindernisse? Die Probleme von Eltern mit behinderungen, um ihren Kindern eine Kindheit zu ermöglichen? Positive Beispiele?  Natürlich ist das Thema umfassend unddas in 30 Min Sendung zu bekommen, sehr anspruchsvoll und vielleicht auch zu viel. Aber sich nur auf die beiden Beispiele zu konzentrieren?

 

Das ist nicht nur schade, sondern wirklich ein Versäumnis. Denn mit diesem Beitrag werden die Vorurteile, die in den Köpfen der Menschen sind – falsche Vorstellungen noch bekräftigt und unterstützt. Klischees werden bedient, anstatt das man von Medienseite aus versucht, diese zu verringern. Wheelymum versucht genau diese Bilder, bei Menschen die keinen Kontakt zu Menschen mit Behinderungen haben, abzubauen und aufzuzeigen, wie es eben auch funktionieren kann. Aber eben auch um Betroffenen Ängste und Sorgen zu nehmen. Und hier spreche ich nicht nur von mir, sondern auch von den vielen Gastbeiträgen und der Blogreihe: Eltern mit Behinderungen. Hier werden die Rollen nicht vertauscht und Kinder müssen/sollen für ihre Eltern sorgen. Das gibt es auch einmal, aber es wird deutlich, das dies eher die Ausnahme als die Regel ist.

Klar, bitte ich Junior auch einmal mir etwas aufzuheben oder etwas zu geben. Aber das sind Handreichungen und ganz ehrlich, wer von uns macht das denn nicht? Ich möchte mein Kind zur Selbständigkeit erziehen. Ihn unterstützen und begleiten. Er soll seinen Weg gehen. Und ich/ wie sind an seiner Seite.

 

Ich erinnerte mich an ein Telefoninterview. Hier sagte der Interviewpartner: Wissen Sie was, liebe Wheelymum? Nach den ersten paar Minuten Smaltalk (Krankheit und Kindergarten) dachte ich, jetzt habe ich ganz vergessen, das diese Mama im Rollstuhl sitzt.) Ja, ich bin Frau, Mama und Rollstuhlfahrer. Nicht mehr und nicht weniger.

Gleichzeitig dachte ich an Raul Krauthausen der immer wieder dafür plädiert: Nicht über sondern mit Menschen mit Behinderungen zu sprechen. Genau diese Punkte fehlen mir in der Reportage.

 

Ja, es gibt beide Seiten, aber man sollte dann auch beide darstellen und nicht einfach eine sehr wichtige komplett verschweigen.

Was bleibt? Vorurteile und auch Ängste, die hiermit weiter angefeuert wurden. Aber auch Liebe. Die Liebe von Anna – Lena und ihrer Mama. Und die Liebe zwischen Jana und ihrem Vater. Jana meint: „Ich fühlte mich wie eine alleinerziehende Tochter.“ Sie ist jetzt 22 Jahre alt und lebt ihr eigenes Leben. Ihr Vater sagt zwischendurch selbst, das er Jana ein Stück Kindheit geklaut hat. Aber warum? Jana lässt ihren Vatern nicht im Stich. Sie hat ein Alter in dem es normal ist auszuziehen. Das soll auch bei Kindern so sein, deren Eltern eien Behinderung haben. Und auch hier sieht man zum Schluss die Liebe.

Anna – Lena sagt: “Ob eine Mutter lesen oder rechnen oder schreiben kann, oder ob es eine Mutter nicht kann. Hauptsache sie ist Mutter” und sie hat vollkommen Recht mit ihrer liebevollen Aussage. Denn das ist bei uns allen gleich. Liebe ist überall vorhanden. Liebe und Geborgenheit, das sind die Grundpfeiler von Elternschaft. Ganz gleich ob von gesunden Eltern oder bei Eltern mit Behinderungen.

 

 

In der aktuellen Blogreise, könnt ihr viele unterscheidliche Elterblogs mit unterschiedlichen Behinderungen kennen lernen. Schaut doch einfach einmal vorbei. Ja, es ist die andere Seite – die Elternseite. Falls jemand Lust hat auf einen Gatsbeitrag aus Kindersicht hat, meldet euch doch bitte unter wheelymum08@web.de oder hinterlasst mir einen Kommentar.

 

Eure

wheelymum

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22 Kommentare

  1. Lydiaswelt

    In solchen Sendungen wird das gesagt was die Menschen sehen wollen. Mitleid, Fürsorge, und noch mal Mitleid. Vor einigen Jahren wurde ich einen Tag lang von einem Fernsehteam begleitet. Die hatten Vorstellungen wie dieses oder jenes auszusehen hatte. Und das entsprach nicht immer der Realität. Und so stritten wir teilweise darüber, Weil ich mich weigerte Klischees zu unterstützen. Ich habe damals meine Lektion fürs Leben gelernt 🙂 Heute weiß ich besser mit Medien umzugehen.

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Danke für deinen Kommentar. Die wollten dann, dass du Situationen anders darstellst, als sie in Wirklichkeit sind? Ich vermute, dass du mehr Hilfe brauchst? Ich habe schon öfetrs gehört, dass dies vor allem bei Privatsendern passiert und man sich hier eher an die öffentlich – rechtlichen Sender halten soll. Aber…. Ja, man lernt mit der Zeit. So schade das ist.

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  2. isabelle

    Mir ging es soooooo sehr wie dir beim Gucken! So eine schlechte und einseitige Reportage. Ärgerlich!! Dein Text trifft es mit so schönen Worten auf den Punkt! Bitte leite ihn doch mal weiter an 37grad und das ZDF. du machst wirklich tolle Arbeit mit deinem Blog. Und als Mutter sowieso. Alles Liebe

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Danke Isabelle! Den Beitrag habe ich an beide Stellen bereits weitergeleitet. Liebe Grüße

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  3. Mike

    Fandest du es wirklich so schlimm? Mir kam der Vater sehr unbeholfen vor. Aber es kanna uch anders sein, klar. Nur darf man solche Fälle eben auch nicht verschweigen.

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  4. Ulli

    Danke, dafür! Mir war ganz schlecht als ich den Beitrag sah

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  5. Traumspruch

    leider geht es bei solchen Sendungen nur um Quote. Wenig um Information! Be-Hinderung. lässt sich so und so darstellen, es kommt immer darauf an, was ich vermitteln will.
    Keine Behinderung ist einfach,aber auch nicht immer grauslich…
    also lasst uns es vorleben…damit Alle selbst erkennen können,dass auch wir ein ganz normales Leben leben…mit Tiefen und Höhen 🙂

    Dieses blog ist ein hervorragendes Beispiel dafür! danke ❤️

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  6. Martina von Jolinas Welt

    Puh, ich mag die Sendereihe auch super gerne, habe nicht geschaut, werde es jetzt mal in der Mediathek tun. Das was du schreibst hört sich wirklich nicht wirklich positiv an, hmmm, diese Verhältnisse gibt es doch eigentlich ständig und sollten nicht normal sein. Es gibt Eltern die sind selbständig und es gibt welche die lassen sich durch ihre Kinder tragen. Meine Oma (nicht behindert) fällt meiner Mutter schon immer zur Last, saugt sie aus und ich sage immer, mach einen klaren Schnitt, doch sie meint “Das kann ich doch nicht machen…” doch. Kinder sollten ihren Eltern nur aus Liebe verbunden und hilfreich sein, nie aus Pflichtgefühl. Ebenso ist das mit Geschwistern. Louisa fühlt sich ihrer behinderten Schwester nicht verpflichtet und sie darf ruhig auch mal sagen “Du bist die blödeste Schwester der Welt” hört man als Eltern ungern, aber es ist normal und das braucht man in Familien mit Behinderten Menschen, egal welche Position sie in der Familie einnehmen.

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  7. Pingback: Eltern mit Behinderungen: Sie werden nie Kinder haben können - Wheelymum

  8. Karin

    Ich empfand diesen Beitragm als sehr phlegmatisch. Danke für die klaren Worte

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  9. Dani

    Jedes Kind hat doch irgendwelche familiären Belastungen: Trennung, Scheidung, Tod, Missbrauch, Krankheit, Geldnot. Diese Liste kann man beliebig erweitern. Jeder muss sehen, wie man am besten damit umgeht. der Beitrag war eher eine Hetze, als eine Aufklärung.

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  10. Lena Zimtzauber

    Nach deinem Beitrag habe ich mir die Reportage angeschaut. Ich muss sagen, als “nicht Behinderte” stelle ich mir eigentlich genau so den Alltag vor bzw. so habe ich mir das vorgestellt. Bis zu deinem Blog. Du hast mir die Augen geöffent und gerade diese vielen alltäglichen Dinge zeigen, jeamdem wie mir, dass es bei euch auch ganz normal zugeht. Ab und an etwas anders, aber im Allgemeinen doch eine normale Familie. Vielen Dank dafür.

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  11. Pingback: Friday five am 10. Februar - bunt gemischt - Wheelymum

  12. Birgit

    Hallo!
    Mir ging es ebenso wie euch! Endlich ein Beitrag in dem man die Sicht der Kinder sieht. Und dann das! Sehr enttäuschend und klischeehaft.
    Mein Sohn ist 5 und ich hoffe, dass er nie so über mich denkt und bin überzeugt, dass er mich als “normale” Mama sieht. Auch wenn ich einen Rollstuhl verwende. Ich möchte nie eine Belastung für ihn sein und mein Leben möglichst lange selbstbestimmt leben. Und ihm ein harmonisches Familienleben bieten.
    Erst kürzlich bin ich auf diesen Blog gestoßen und froh, hier eine andere Sicht auf die Dinge zu finden. Ganz toll!

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Danke, für dein Kompliment zum Blog. Ich sehe es ganz genau wie du und ich bin mir sicher, das auch unsere Einstellung dazu beiträgt, wie uns unsere Kinder sehen (werden). Liebe Grüße

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  13. Katrin

    Ich heute 37. Jahre, Mutter eines Sohnes (4) und SSW 32, als Kind einer Behinderten Mutter seid ich 4. Jahre alt war, habe den Bericht ganz anders empfunden. 2 Anläufe brauchte ich um den Beitrag zu sehen. Jedes mal bin ich in Tränen ausgebrochen weil ich mich vor allem im Jana wieder gefunden habe. Auch wenn meine Mutter nicht Schuld an Ihrer Behinderung ist und auch nicht Schuld daran ist dass uns mein Vater uns in Stich gelassen hat, aber so war meine Kindheit doch so ganz anders wie die von anderen Kindern. Jedes Kind eines Behinderten Elternteils, ob das der Elternteil will oder nicht hat ein Stück weit mehr Verantwortung, mehr Pflichten, mehr mit Vorurteilen, Hänseln etc. von aussen zu tun und gleichzeitig weniger Aufmerksamkeit und Fürsorge, weniger Möglichkeiten Dinge mit seinen Eltern zu erleben die für andere normal sind. Das einzige was gleich ist die Liebe zu einander. Ich will jetzt garnicht soweit ausholen aber leider reicht das nicht immer. Ich leide bis heute unter dieser Kindheit und habe Probleme damit.

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Liebe Katrin,
      deie Worte haben mich sehr berührt. Danke für deine Offenheit.

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    2. Manuela Buck

      Hallo,
      Ich weiss nicht ob das hier passt. Ich bin auch ein Kind einer Körperbehinderten
      (Cerebralparese) Mutter. Über uns Kinder hört und liest man so gut wie gar nichts. Ich würde gerne zwecks Austausch Kontakt zu Katrin aufnehmen. Natürlich nur wenn Sie möchte.

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  14. christiane wulf

    Hallo liebe andere, die an diesem Thema und vielleicht auch an Austausch darüber interessiert sind:

    meine Situation ist: ich bin eine 43 jährige Frau. Ich habe selber keine Kinder. Meine Mutter erkrankte an Multiple Sklerose als ich 9 war. Ich habe erst in den letzten Jahren angefangen das bewusster zu verarbeiten und bin weiter dabei, meine “Verprägungen” möglichst zu erkennen. Es scheint tief drin zu sitzen und ist schwer zu bemerken. Vieles an der Auseinandersetzung ist wahrscheinlich “normale” Eltern-Kind-Bezieungsverarbeitung oder -Problematik, aber vieles davon ist auch nochmal speziell durch die Situation. Ich freue mich über gegenseitigen Austausch, der vielleicht bei der Verarbeitung helfen kann. Meine Email: kri-wu@hotmail.de. Schreibt mir gerne. Erwartet bitte nicht eine schnelle Antwort aber ich antworte auf jeden Fall.
    Vielleicht bis dahin,
    Christiane

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  15. Kordula

    Guten Morgen, ich bin Kordula und habe 2 Kinder, eines davon hat eine körperliche Behinderung.Da ich in Brasilien lebe und es leider keine finanzielle Unterstützung von Staat gibt und leider nur mein Mann arbeiten kann, habe ich eine Aktion über Etsy.com gestartet. Auf meiner “Spenden für den guten Zweck”-Seite kannst du meine ganze Geschichte nachlesen und dich vielleicht für einen kleinen Download (Postkarte) entscheiden !Ich sende ganz herzliche Grüße aus Brasilien und Allen einen wunderschönen Tag ! Hier noch meinen Spenden- Link :https://www.etsy.com/es/shop/FKBMartsBrasil
    Also du kannst meine Seite auf Etsy auch gerne Liken : Der Shopname ist FKBMartsBrasil
    Eure Kordula

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  16. finn

    Ein brisantes Thema! Es ist ja recht toll, wenn sich der behinderte Mensch sozial und wirtschaftlich einsetzen kann. Die kommt aber in unserer Heimatstadt nicht so oft ein, meist bleiben sie nur vom Staat unterstützt, miserabel. Dies führt sie sofort in den sozialen Zustand des Bedürftigen, was aber nicht sein soll. Es gibt doch solche Arbeitsstellen, wo sie sich freie Arbeitsplätze finden können, um wenigstens über die Runden zu kommen.

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  17. Uwe Mahnke

    Jetzt schreib ich mal was. Ich, nunmehr selbst 64 Jahre, bin Kind zweier behinderter Eltern. Mein Vater, durch eine Tuberkulose, die auf die Wirbelsäule ging, war körperlich behindert, nur 1,47 m groß. Gleichwohl ein Mann mit voller Energie und Lebensmut, ein ganzer Mann, der für seine Familie als Stapelfahrer vollumfänglich sorgte. Meine Mutter hatte als Frühgeborene eine leichte spastische Lähmung in den Beinen, vielleicht auch eine leichte frühkindliche Hirnschädigung.
    Ich entsprang als gewünschtes und gesundes Kind aus der Ehe meiner Eltern, die unauslöslich bis zum Tode hielt.
    Und nun das Wichtigste und Entscheidende vorangestellt, ich hatte liebe und fürsorgende Eltern, die mir mein Leben geschenkt haben. Dies ist zunächst das Entscheidende und der alles umfassende und leitende Gedanke .

    Ich bin Anwalt geworden und habe rundum vieles erreicht, bin nicht reich geworden, lebe aber in geordneten Verhältnissen und habe sicherlich einen sozialen Aufstieg geschafft.

    Das Thema behinderte Eltern hat mich mein ganzes Leben begleitet. Es fehlte mir oft das erforderliche Selbstvertrauen. Die Scham, nicht gesunde Eltern zu haben, kam häufig auf. Mein schulischer und beruflicher Ehrgeiz, nach meiner Berufsausbildung zum Einzelhandelskaufmann, ging ich zur FOS, anschließend Ruhrkolleg und Jurastudium war sicherlich eine Art Kompensation auf das fehlende Urvertrauen und die Ich-Schwäche bedingt durch die Behinderung meiner Eltern.

    Aber, und damit möchte ich schließen, war die Entscheidung meiner Eltern, sich für mich als Kind zu entscheiden und mich zu wollen, mir eine geborgene Kindheit zu schenken, das alles Entscheidende, hinter dem die Scham über die Behinderung zurücktritt und an Bedeutung verliert.

    Die Entscheidung für ein Kind, wenn immer verantwortbar, ist das alles Überragende.

    mfg
    Uwe Mahnke

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