Es ist soweit. Das Dok.Festival in München öffnet wieder seine Türen, doch nicht nur da, sondern Deutschlandweit können wir wieder online mitschauen.
Insgesamt sind 130 Filme aus 55 Ländern zu sehen. Davon laufen 28 Filme in Weltpremiere und 58 weitere Filme in Deutschlandpremiere.
Die Filme laufen vom 3. bis 14. Mai in den Münchner Kinos und an Sonderspielorten des Festivals. 90 Prozent davon sind überdies vom 8. bis 21. Mai auf der digitalen Leinwand unter www.dokfest-muenchen.de zu sehen
Auch Filme von oder über behinderte Menschen sind in diesem Jahr wieder mit dabei. Es laufen mehrere Filme, in deren Zentrum Menschen mit Beeinträchtigung stehen.
Einige davon durfte ich schon sehen und finde diese Filme jeden auf seine Art und Weise sehr gut. In erster Linie aus dem Grund, weil die Protagonisten selbst zu Wort kommen, ohne das dies relativiert wird.
(Regie: Noé Reutenauer / Belgien 2022 / 62 Minuten)
Während Kirill in seiner Fantasie aufregende Beziehungen führt, ist es für den Mittdreißiger mit Down-Syndrom im realen Leben nicht so einfach, die große Liebe zu finden. A BUMP IN THE HEART ist ein nahes Porträt über einen jungen Mann auf der Suche nach Unabhängigkeit und Romantik.
(Regie: Kim Münster / D 2022 / 80 Minuten)
Die Schauspielerin Lucy gehört zum Ensemble der Münchner Kammerspiele und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Auch Yulia, Schauspielerin am Jungen Schauspiel Düsseldorf, hat eine körperliche Behinderung. Der Film dokumentiert sowohl Hindernisse als auch Erfolge, als sie ihre Karriere auf der deutschen Theaterbühne beginnen.
(Regie: Jos de Putter / Niederlande 2022 / 93 Minuten)
Das katalanische Tanzkollektiv Liant la Troca bricht mit allen Sehgewohnheiten: Tänzer.innen gleiten und rollen aneinander vorbei, berühren einander, schreien sich an. Viele von ihnen haben motorische oder körperliche Einschränkungen. Die Performance ist ausdrucksstark und zeigt, dass jeder Körper tanzen kann (und soll).
(Regie: Lidia Duda / PL 2022 / 85 Minuten)
Die blinden Kinder Zosia, Oskar und Kinga kommen in ein Internat, wo sie die Blindenschrift lernen sollen. Sie müssen lernen, sich mit der neuen Situation zurechtzufinden. FLEDGLINGS ist dabei, als die drei unterschiedlichen Charaktere füreinander die wichtigsten Menschen werden, sich gegenseitig trösten, umsorgen und helfen.
Jonny Island wird als Weltpermiere am 4. Mai ausgetrahlt
Am 5. Mai ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. An diesem Tag feiert Petra Mäussnests Film JONNY ISLAND Weltpremiere beim DOK.fest München. Auch diesen Film durfte ich schon sehen und bin völlig begeistert. Eindrücklich erzählen Johanatan und seine Familie über ihr Leben während der Pandemie, als Kehr KRAFT mit einer Behinderung. Zu Beginn der Pandemie zieht er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in die Isolation nach Schweden. Von dort aus unterrichtet er online seine Schüler an einer Waldorfschule über das Internet. Nach und nach tauchen Probleme auf. Es stellen sich Fragen von wie lange ist das möglich zu, zu Problemen von Datenschutz, was ist der Unterschied zwischen Behinderung und Krankheit, wie kann man damit umgehen und viele mehr.
Der Protagonist Jonathan Schüddekopf ist im Dezember 2022 plötzlich und unerwartet verstorben.
Ich möchte euch diesen Film so sehr ans Herz legen, da er ganz viele Punkte unserer Gesellschaft im Brennglas darstellt.
Es gibt noch so viele weitere weirtvolle Filme, die mich tief berühren.
Ich will auf jeden Fall noch Gretas Birth sehen – ein Film über eine Hebamme und Greta, die bei einer Hausgeburt tot zur Welt kommt und das daraus resultierende Gerichtsverfahren.
Der Eröffnungsfilm ETILAAT ROZ zeigt in einem aufwühlenden Kammerspiel die letzten Tage der meistgelesenen Zeitung des liberalen Kabuls kurz vor Einmarsch der Taliban.
Race Girl, Einzeltäter, Kokomo – City und viele mehr, zeigen die Vielfalt des Festivals.
Im Dok.Festival hat Vielfalt nicht nur einen festen Platz, sondern ist unverrückbarer Bestandteil des Konzepts – denn nur die unterschiedlichen Leben, Geschichten, Kulturen, Erlebnissen, machen gutes dokumentarisches Erzählen möglich.
Mit dem Statement der Festivalleitung möchte ich diesen Beitrag abschließen:
Adele Kohout und Daniel Sponsel: “Wir können immer und überall Informationen abrufen, nehmen uns aber kaum mehr die Zeit, diese zu überprüfen oder zu hinterfragen. Genau hier setzt der Dokumentarfilm an und bietet uns an, zu entdecken, einzutauchen und zu reflektieren. Dokumentarfilme ermöglichen es uns, in vielfacher Weise unsere immer komplexer werdende Welt zu verstehen. Sie erlauben uns, die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Wir sind stolz, Ihnen wieder ein Programm präsentieren zu können, das dieser Komplexität Rechnung trägt.”
Eure