Ablehnungsbescheid, Widerspruch, Einzelfallentscheidung: Kämpft Leute, kämpft!

Manchmal bin ich die Kämpfe mit der Krankenkasse so leid. Allgemein und im Speziellen. Hilfe zu erhalten und Unterstützung zu erfahren ist leider nicht immer so gegeben. Und das ist leider kein Einzelfall, sondern die Erfahrungen mussten und müssen viele Menschen machen – mit den unterschiedlichsten Krankheiten oder Behinderungen – im unterschiedlichsten Alter.

 

Wenn ich ein neues Hilfsmittel benötige dann läuft das folgendermaßen ab:

  • Welches Hilfsmittel ist das geeignete? Gespräche mit Therapeuten, Ärzten, Sanitätshaus.
  • Entscheidung für ein Hilfsmittel. Das Sanitätshaus, sagt mir, was der Arzt auf seine Verordnung schreiben muss.
  • Ich leite dies an den Arzt weiter und habe dann ein Rezept. Dieses wird im Sanitätshaus abgegeben. Von dort aus, geht es gemeinsam mit einem Kostenvoranschlag zur Hilfsmittelabteilung der Krankenkasse
  • von dieser bekomme ich dann einen Ablehnungsbescheid.

 

Immer – und das meine ich genauso

  • Danach lege ich Widerspruch gegen diesen Ablehnungsbescheid ein. Dazu manchmal noch Berichte von meinen Therapeuten, Ärzten und viele, viele Gesetzestexte, die deutlich machen, das ich ein Anrecht auf dieses Hilfsmittel habe. Manchmal geht das ganze dann noch weiter und die Pflegeberatung muss sich mit einschalten.

 

Am Ende bekomme ich meistens einen Brief, indem steht, dass das Hilfsmittel in einer Einzelfallentscheidung genehmigt wurde.

 

Ich könnte mich freuen, tue ich aber nicht. Denn es geht hier nicht um ein neues paar Tanzschuhe, die hübsch aussehen. Nein – es geht um Dinge, die mir und anderen helfen sollen, ihr Leben so gut wie möglich zu gestalten. Nicht aus Wohlwollen, oder Profit, sondern schlichtweg um den Gesundheitszustand zu erhalten, den Pflegepersonen zu helfen und am sozialen Leben teilnehmen zu können. Ein Teil unserer Gesellschaft zu sein.

 

2016 hatte hier ein paar Überraschungen für mich. Erinnert ihr euch an die beiden Rollstühle? Es ging – verhältnismäßig gut aus – die alte Kasse hat mir den Aktivrollstuhl belassen – aber eine wirkliche patientenmäßige Versorgung ist das nicht. Den zweiten Rollstuhl, will die neue Kasse nun austauschen – Wirtschaftlichkeit my As. Und der Knaller: Nach dem Besuch des MDK – der so dachte ich auf Grund meines Widerspruches kam – bekam ich von der Kasse einen „Vorschlag“ zur Hilfsmittelversorgung. Ich hatte zunächst noch etwas mit der alten Krankenkasse zu klären und habe darauf nicht gleich reagiert. 3 Wochen später bekam ich einen erneuten Brief mit der Frage – ob ich nun meinen Widerspruch zurückziehen würde, oder sie ihn dem Widerspruchsausschuss vorlegen sollten. Ich dachte ich stehe im Wald. Seit 8 Jahren lese ich Bescheide, schreibe Widersprüche – bei Unklarheiten lasse ich eine Sozialarbeiterin oder manchmal auch einen Juristen darauf schauen. Aber so etwas ist mir noch nie passiert. Das war bewusste Irreführung des Antragsstellers. Über Monate.

 

In diesen Momenten denke ich immer: Wenn ich das schon nicht merke, oder die Kassen versuchen mit ihrer Ablehnungs- – und Zermürbetaktik, Gelder zu sparen, wie machen das dann andere? Ältere Menschen, Menschen ohne PC – oder Internetkenntnisse, Menschen ohne Hilfe und Unterstützung, Menschen ohne soziales Netz. Menschen die psychisch labil sind und Menschen die einfach keine Zeit und keine Kraft mehr haben?

 

Im Oktober beantragte ich einen wärmenden Sitzsack für den Rollstuhl – auch so ein Thema, das ich lange nicht wollte – nun aber endlich eingesehen habe – das ich es brauche. Die Situation war die selbe wie oben beschrieben. Nach der endgültigen Zusage kurz vor Weihnachten, kam die Zuzahlungsaufforderung von 335,-€. Wir werden dann einmal sparen und so lange weiter frieren. Vielleicht ist der Sack dann nächsten Winter da.

 

Mareice Kaiser hat in ihrem Buch Alles inklusive *zur Einzelfallentscheidung folgendes geschrieben:

Einzelfallentscheidung stand auf der Bewilligung der Krankenkasse. Das heißt übersetzt: “Glück gehabt” oder: “Na gut, ausnahmsweise.” Und es heißt eben auch: Die Familien, die nach uns mit den gleichen Problemen können, werden genauso kämpfen müssen. Aber was ist, wenn sie gar nicht mehr kämpfen können?”  * Alles inklusive Seite 211

 

Und genau so ist es. Leider. Es ist eine Zermürbungstatik die an die Substanz geht. Die Menschen (mit Behinderungen) – und oder deren Pflegepersonen – dazu bringen will, in die Knie zu gehen. Aufzugeben um Kosten zu sparen.

 

Deswegen möchte ich euch alle ermutigen:

Kämpft, Leute, kämpft!  Für Euch und für alle die keine Kraft mehr haben.

 

* affiliate Link

Eure

 

wheelymum

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7 Kommentare

  1. Mara Solanum

    Das ist so scheiße!
    Ich habe das auch schon dreimal erlebt.
    Am schlimmsten fand ich, dass ich die Mutter-Kind-Kur bei der Einrichtung meiner Wahl (Schwerpunkt: Depressionen, Nähe zum Mann) nicht genehmigt bekam. Statt dessen sollte ich in eine Klinik für Hautkrankheiten (!), weil dies eine Vertragsklinik sei … Widerspruch eingelegt und dann ging es doch …
    Aber da habe ich auch gedacht: Was machen Menschen, die sich verbal nicht so gut äußern können?
    Die sind doch verloren …
    Also kämpfen wir weiter – auf allen Ebenen.
    Mit den besten Grüßen und viel Kraft!

    Mara Solanum

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Ganz genau, das ist de Punkt. Pläötzlich geht es doch. Aber man muss dafür kämpfen. Toll, das ihr euer Recht bekommen hat und super, dass ihr die Kraft aufgebracht habt zu kämpfen!

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  2. Mother Birth

    Wenn ich so etwas lese, macht es mich unendlich wütend und lässt mich traurig zurück. Traurig, weil ich fassungslos bin, wie sehr du um dein Recht kämpfen musst. Und wenn ich dann sehe, wie oft von Krankenkassen unsinnige Leistungen ungefragt bezahlt werden, platzt mir gleich der Hals!

    Ich finde es sehr bewundernswert, dass du immer noch kämpfst – für dich, für deine Rechte, für andere! Lass dich niemals unterkriegen. Die Wirtschaftlichkeit darf NIEMALS über den Menschen siegen.

    bewundernd
    Mother Birth

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Danke du <3

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  3. Eva

    Leider ist dies trauriger Alltag. Ich arbeite in einer Tagesförderstätte als Heilpädagogin und bin hauptsächlich damit beschäftigt, Widerspruch einzulegen, Angehörige zu beraten und mit den Kassen zu telefonieren. In den meisten Fällen haben die Sachbearbeiter überhaupt keine Ahnung um welches Hilfsmittel es sich handelt oder für was es nützlich ist. Es ärgert mich immer wieder, dass die Kassen es bewusst auf Menschen abgesehen haben, die nicht in der Lage sind für sich zu kämpfen oder einen Widerspruch einzulegen, an diesen Menschen wird dann gespart.
    Vielen Dank für deine aufmunternden Worte und ich hoffe sie werden noch vielen anderen Mut machen sich zu wehren und für die eigene Sache zu kämpfen.

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  4. Lara

    Ja, bitte höre nie auf zu kämpfen! Es ist eigentlich eine Schande, dass du dies tun musst. Aus der eigenen Familie kenne ich ähnliche Fälle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass “immer erstmal” abgelehnt wird. Ich unterstelle den Krankenkassen da schon ein gewissen Kalkül, ein Teil wird sich mit der Absage zufrieden geben und nicht für das eigene Recht kämpfen. 🙁

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Leider ist es wohl genau so wie du beschreibst

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