Unsere Tage beginnen zu früh. Viel zu früh. Beim Frühstück merken wir, dass das Müsli ausgeht. Kommt mit auf den Einkaufszettel, der heute sowieso anstehen muss. Die Jungs verkrümeln sich ins Zimmer und stellen um.Ich schreibe den Beitrag für den Tag davor zu Ende und genieße den Kaffee. Heute haben wir uns vorgenommen, Danke zu sagen und das um zu setzen was Frau Merkel gesagt hat: Liebe und Verantwortung zeigt sich im Moment in Distanz. So versenden wir erst einmal liebe Morgen Grüße.
Der Herzmann geht einkaufen – für 3 Familien und bekommt noch nicht einmal die Hälfte. Aber kein Problem, wir teilen die Sachen die Sachen auf und niemand wird verhungern müssen. Das Januarwunder will überall mithelfen – ein Hoch auf die Selbstständigkeit. Leider fallen dabei gerade viele Sachen herunter und ich merke, wie mein Anspannungspegel wieder steigt. Zwei, drei Kleinigkeiten kommen dazu und ich überlege, ob mir eher nach weinen oder nach schreien ist. Ich entdecke Zauberknete in den Bettdecken und entscheide mich zuerst für das eine (bereue ich gleich und entschuldige mich) und dann für das andere. Die Träne. Die Träne ist das Überlaufventil, denke ich an diesen Satz….
Und tatsächlich, danach wird es besser. Der Tag beginnt mit Sportunterricht und Diktat – ich muss das Diktat schreiben und Junior korrigiert es. Alba Berlin bietet übrigens jeden Tag eine Sportstunde an, die ihr zu Hause machen könnt. Mathe ist und bleibt blöd, kurze Texte schreiben geht aber ganz gut. Viel wichtiger als Homeschooling sind aber die Pausen – gefühlt sind hier überall kleine Raupen Nimmersatt. Um halb 12 kommt die Sendung mit der Maus (Wie jetzt jeden Tag im WDR) und danach gibt es ein kleines Mittagessen. Das Januarwunder hat ausgeschlafen und wir gehen in den Wald.
Es duftet, die Vögel zwitschern, die Sonne scheint. Man könnte meinen das Chaos draußen in der Welt gibt es nicht.
Und doch, es ist so nah und immer noch abstrakt. Während wir mitbekommen, wie die Kliniken aufrüsten, sich auf den Ansturm vorbereiten, das Personal unter totaler Anspannung steht, in Berlin Menschen mit einer medizinischen Ausbildung aufgerufen werden, sich zu melden, um Personal irgendwie aufzustocken, sind wir im Wald und hören den Vögeln zu. Das ist ungerecht und fühlt sich nicht gut an. Gleichzeitig tut es so gut, diese Ruhe zu spüren.
Es wird geschnitzt, Tiere werden beobachtet, gespielt, Bärlauch gesammelt und Frühblüher gesichtet. Diese werden später zu Hause bestimmt.
Auf dem Rückweg entscheiden wir uns noch beim Drogeriemarkt ein paar Sachen zu holen. Dieser hat geänderte Öffnungszeiten und hatte am Morgen noch geschlossen. Ich bleibe mit den Kindern im Auto. Es ist erschreckend, jeder der den Laden verlässt hat eine XXL Packung Klopapier dabei. Wir beobachten wir Familien sich aufteilen und 3 x hineingehen um 3 Packungen zu kaufen. Das sind 60 Rollen Klopapier. Eine Frau kommt aufgelöst heraus und schreit beinahe. „Was soll ich denn machen, ich brauche mehr als eine Packung. Das geht doch nicht, dass man diese rationiert“
Der Mann kommt kopfschüttelnd heraus – ohne Klopapier und auch ohne glutenfreies Brot für Junior oder das Mehl. Dafür gab es Kekse. Er berichtet, dass die Menschen die Ware von den Wägen zum Einräumen nehmen. Und auch das die glutenfreien Lebensmittel fast ausgeräubert sind.
Junior meint: „Bei Logo haben sie gesagt, die Leute kaufen ein, als würde die Welt untergehen. Und dann meinen sie, wenn sie ihr Mehl nicht bekommen, nehmen sie halt das glutenfreie. Besser das als nichts. Und dann haben aber Menschen, die das wirklich brauchen – also so wie ich – nichts mehr. Das ist doch gemein.“ Recht hat er….
Auf dem Weg nach Hause sitzen im Straßenkaffee die Leute und strecken ihr Gesicht in die Sonne. Ich bekomme solch eine Wut.
Dafür freue ich mich, dass im Radio bei SWR 1 kommt, dass sie eine kleine Hitparade machen werden. Zum Abendessen gibt es Chilli sin Carne und danach spielen und basteln die Kinder noch. Dieses selbst ausprobieren, Ideen entwickeln usw. das ist so schön. Eine Massage, eine Handmassage und eine Geschichte später, gehen 3 von 4 hier schlafen.
Wie war euer Tag?
Eure
Das ist ein so ehrlicher und guter Bericht. Danke. Bei uns läuft auch einiges durcheinander.
Ich frage mich oft, warum Eltern mit Handicap kein Recht auf die Notbetreuung? Ich kann unser Kind nicht alleine betreuen. Und mein Mann im Homeoffice ist unentwegt am Telefon…
Es ist nicht leicht, aber wir alle werden diese schwierigen Tage schaffen!
Versprochen.
Danke für deine Offenheit. Ich habe wirklich das Gefühl, dass es vielen so geht und auch dass endliche mehrere die Kraft haben, offen darüber zu sprechen.