Ich bin Mama. Manchmal eine ganz normale Mama. Manchmal aber auch eine Mama, die neidisch ist. Und manchmal eine Mama, die sich selbst für wichtig nimmt. Und Manchmal eine Mama die deren Kraft nicht ausreicht. Meine Energie ist begrenzt. Das weiß ich. Irgendwie muss ich lernen damit umzugehen. Meine Familie muss lernen damit umzugehen. Tag für Tag und jeden Tag wieder neu.
Ich habe schlichtweg nicht immer die Kraft, Dinge so zu bewältigen, wie ich sie mir wünsche. Das muss ich einsehen und akzeptieren. Denn lebe ich über meine Grenzen, so wirft uns das alle wochenlang zurück. Es ist ein ständiges abwägen. Im Sommer wollte ich, wie gerne zuerst an den See zum baden fahren und danach noch gemütlich mit Freunden grillen. Einen Winterspazioergang mit meinen liebsten und danach noch lecker Essen gehen? Das kann ich leider nicht. So viel Kraft habe ich nicht. Meine Energiereserven sind begrenzt. Ich bin schnell erschöpft. Dazu kommt, dass auch die Kraftreserven meines Mannes begrenzt sind. Haushalt, Junior, meine Pflege, Treppe – hoch und heruntertragen, bei fast jedem Mal, wenn ich das Haus verlasse. Ich kann und will diesen Kraftakt nicht mehrmals täglich von ihm verlangen. Wir brauchen hier eine andere Lösung. In meinem Kopf reift gerade eine, aber dazu muss ich sehr stark über meinen Schatten springen und euch alle um Hilfe bitten. Ganz soweit bin ich noch nicht.
Leben im Energiesparmodus
Ich über mich nun schön längere Zeit darin, im Energiesparmodus zu leben. Ich habe gelernt – versuche jeden Tag aufs Neue zu lernen – Vorhaben zu reduzieren, Aufgaben zu delegieren, um Hilfe zu bitten, Hilfe anzunehmen und Unvollkommenheit auszuhalten. Was ist schon perfekt? Ja, viele Dinge sehen andere lockerer, mein innerer Monk und ich kämpfen auch hier, jeden Tag auf Neue miteinander. Das ist wirklich nicht immer einfach. So spielt auch die Geduld eine große Rolle. An manchen Tagen, kann ich das ganz gut wegstecken, an anderen bin ich unausgeglichen und ich mag mich, meine Laune und meine Ungeduld selbst nicht. Ich musste meine Maßstäbe herunterschrauben – immer wieder – und jeden Tag aufs neue mit mir selbst verhandeln, was denn gerade möglich ist. Die Aktivitäten außer Haus sind weniger geworden, Unternehmungen werden geplant und dennoch offen gelassen, um aus der Situation heraus entscheiden zu können. Ohne schlechtes Gewissen. Zumindest an manchen Tagen. Ich versuche mir alles so einzuteilen das ich mich wohl fühle. Ich weiß nicht, wie viele Tickets aus diesem Grund schon verfallen sind.
Annehmen gelingt nicht immer
Doch das gelingt nicht immer. Zwischen Gelassenheit und Akzeptanz, Traurigkeit und Wut ist es manchmal nur ein sehr schmaler Pfad. Wenn unsere Freunde am Sonntag Mittag eine Unternehmung mit dem Rad machen, verabschiede ich mich zum Mittagsschlaf. An manchen Tagen ist ok für mich und es ist eben so. An anderen Tagen macht mich dies wirklich traurig. Ich war früher so agil und sehr viel unterwegs. Heute sind alle Ausflüge mit einer großen Planung verbunden. Es ist ein tägliches abwägen zwischen dem was getan werden soll und dem was geht. Es ist nicht das Gefühl, dass ich mehr leisten müsste, es ist vielmehr diese Sehnsucht nach dem (Er-)Leben. Je nach meinem Befinden mache ich Pläne und muss diese dann doch wieder streichen. Das unerledigten Dinge, welche ich so gerne tun würde, werden zu einem kleinen Berg. Dieser wird von Tag zu Tag größer und irgendwann, bin ich wieder bei dem Punkt an dem ich neidisch werde. Weil ich es alleine nicht schaffe.
Ich glaube, das ist der Unterschied. Häufig erzählen mir Behinderte, sie sind behindert aber nicht krank. Ich fühle mich oft krank. Hier ist die Behinderung nicht dadurch gekennzeichnet, dass ich im Rollstuhl sitze, sondern vielmehr dadurch, dass ich mein Leben nicht so aktiv leben kann, wie ich das gerne würde.
Bin ich weniger wert, weil ich weniger Kraft habe?
Nein, bestimmt nicht. Aber dennoch ist dieses Gefühl einfach manchmal da. Jette hat einen sehr ehrlichen Beitrag geschrieben, über das Wohlfühlen im eigenen Körper. Wenn ich höre oder lese, was andere Mütter alles an einem Tag machen, dann überkommen mich manchmal Zweifel. Sie setzten sich in eine kleine Wunde, die immer offen ist. Sie beginnen sich hineinzufressen und diese offene Stelle immer größer zu machen. 3 Kinder, selbstständig und der Mann ist häufig im Ausland. Am Wochenende ist immer Aktion und etwas los. Oder das Gegenteil, einfach die Ruhe genießen und spontan sein?
An einem Abend einfach mal mit den Mädels rausgehen und Spaß haben? Ich beginne zu vergleichen und zu trauern…. Ich schaffe täglich nur einen kleinen Teil meiner To – Do – Liste und muss mich dafür verausgaben. Vergleichen ist Gift. Mein Kopf weiß das, meine Gefühle leider nicht immer. Was mir hilft, ist ein schöner Spruch den ich einmal gelesen habe:
In der Natur gibt es beides: zarte Himbeeren und harte Quitten. Das sagt nichts über ihren Wert aus. Beide sind köstlich.
Dann bin ich eine Himbeere.
Ich mag rot sowieso viel lieber als gelb. Denn es gibt sie. Die guten Tage. Die Tage an denen ich Kraft schöpfen kann. Und wenn die Kraft da ist, dann tue ich, was ich kann. Ein Nachmittag im Garten, gibt mir so viel. Das Lachen meines Sohnes und das entspannte Zusammensein mit meinem Herzmann. Ich kann daraus sehr viel Kraft schöpfen. Der kleine Ausflug in die Stadt oder die Tage an denen einfach alles möglich erscheint. Die Freunde die vorbeikommen, unterstützen und auffangen. Die den Alltag zu etwas besonderem machen.
Die Liebe ist voller Kraft und gibt Kraft
Und ganz unabhängig davon wie fit ich gerade bin: Die Liebe zu meinen Männern und meiner Familie ist voller Kraft. Auch wenn ich im Bett liege und mich so gut wie gar nicht bewegen kann. Ich kann für meine Familie da sein. Ich kann ihnen zuhören. Sie lieben mich so wie ich bin. Auch wenn es manchmal für alle schwer ist. Junior stellt immer häufiger die Frage: „Mama gehst du mit?“ Ich kann sie nicht immer bejahen. Aber ich kann für ihn da sein.
Wenn er wieder nach Hause kommt, dann bin ich da!
“Stark ist, wer liebt.”
*Richard Kralik
Und wenn es darum geht, dann bin ich so stark wie 200 Elefanten
Eure
Ich mag rot auch lieber als gelb 🙂
Deine Gefühle kann ich sehr gut nachvollziehen, auch wenn ich nicht so stark eingeschränkt bin. Trotzdem stelle ich mir auch immer wieder diese Fragen und ja, manchmal kommt auch Neid dazu. Aber es ist einfach so und wir machen das Beste daraus, was UNS möglich ist.
Deinen Gedanken, dass du da für deinen Sohn bist, wenn er zurück kommt- den finde ich so schön. Du gibst genau das, was du kannst und das ist viel.
Ich drücke dich ganz fest!
Alles Liebe und eine schöne Adventszeit!
Katarina
Danke, liebe Katarina.
Ich nehme deine UMarung so gerne an und wünsche euch ebensfalls eine schöne Adventszeit
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Ich bin zufällig auf dieser Seite gelandet und kann alles was du schreibst zu hundert Prozent nachempfinden. Ich habe zwar kaum körperliche Einschränkungen, bin aber psychisch seit Jahren hocherschöpft. Auch ich muss immer abwägen was ich an einem Tag leisten kann, muss mich auch nach einem Termin oder einem Treffen mit Freunden ausruhen. Mir ist der Neid bekannt wenn alle etwas unternehmen und ich absagen muss weil mich schon die Autofahrt so sehr anstrengt. Akzeptanz ist schwierig für mich. Und für andere noch mehr, da man meine Krankheit nicht sieht.