Was ich im Internet gelernt habe – zuzuhören und nachzufragen

Was mich das Internet lernt …

Dieses Internet, das kann ganz schön gemein sein. Oder die Menschen dahinter. Aber es kann auch ganz genau das Gegenteil sein und es kann einfach wunderbar sein. Wenn wir uns trauen uns eigene Fehler einzugestehen und wenn wir endlich lernen, anderen zuzuhören.

Wie ich nun wieder darauf komme?

Rosenmontag – Fasching – Karneval, was auch immer. In diesem Jahr natürlich anders als sonst. Und doch ist es hier Thema. In vielen Bereichen. Die Diskussionen um rassistische oder Klischeehafte Kostüme gab es in den letzten Jahren zu genüge. „Ich bin kein Kostüm“: Ist ein Indianerkostüm zu Karneval rassistisch? – WELT

Wer sich damit etwas auseinandergesetzt hat, hat vielleicht gemerkt, dass einem selbst gar nichts weggenommen wird, wenn man auf die Recht der anderen Menschen achtet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand keine Kostümalternative findet. Die Verletzung die man der marginalisierten Person aber zuführt, wenn man sich lächerlich über sie macht oder sie schlichtweg nicht respektvoll behandelt, die kann man nicht relativieren.

Ich fühle mich auch gekränkt oder beleidigt wenn mich jemand beschimpft oder Worte die mit Behinderung zu tun haben als Schimpfworte benutzt. Und niemand der davon nicht betroffen ist, hat das Recht das als nichtig abzutun. Warum ich das schreibe?

Mir wurde eine Erinnerung angezeigt. Ein Faschingsbild von 2018. Ich strahle übers ganze Gesicht. Es ist ein Bild aus dem Wochenende von 2018. Aus meinem Wochenende. Das Bild entstand am 1. Wochenende, an dem wir endlich alle zu viert zum ersten Mal gemeinsam zu Hause waren. Nach monatelangem Klinikaufenthalt. Nach Angst um das Leben meines Kindes. Nach monatelanger Trennung von meinem Mann und meinem großen Kind. Nach schweren Komplikationen nach der Geburt. Das erste Wochenende als Start in unser Leben als Familie zu viert. Mit einem Neugeborenen zu Hause. Während er schlief, hat mich Junior mit Faschingsfarben angemalt. Bunt und durcheinander. Unser we- Moment. Nur er und ich. Danach setzte er mich die Wuschelperücke auf. Eine Afroperücke, weil wer die Locken so sehr mag. Ich strahle auf diesem Bild. Ich spüre die Liebe und das Glück, wenn ich es anschaue. Aber jetzt – 3 Jahre danach, würde es weder posten noch teilen. Denn diese Perücke würde ich nicht mehr tragen. Weil es eine Form von Rassismus ist. Weil es eine Aneignung einer Art ist, die ich nicht habe. Das Internet hat mir gelernt hier achtsamer und umsichtiger damit umzugehen. Es tut mir nicht weh, diese Perücke nicht mehr zu tragen. Warum? Weil ich zugehört habe. Offen und unvoreingenommen. Weil ich dadurch Fehler erkannt habe und diese nun einfach nicht mehr machen möchte. Ich wusste es vorher nicht. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Das mag als Entschuldigung nicht zählen – aber es war so. Aus diesem Grund habe ich es getragen. Und dann?

Dann habe ich zugehört.

Nachgedacht.

Meinen Fehler erkannt.

Und jetzt verzichte ich darauf.

(Tat gar nicht weh)

Fertig.

wheelymum

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3 Kommentare

  1. Annina

    Wenn man über die (zur Zeit ja nicht stattfindenden) Anime/Mangaconventions, die Essener Spielemesse oder die Leipziger/Frankfurter Buchmesse ging, kam man an Cosplays nicht vorbei..natürlich gibt es da auch diverse Cosplays aus verschiedenen Völkern rund um den Globus. Und da ist es meiner Meinung nach vollkommen unerheblich ob die Cosplayerin von Tia aus “Küss den Frosch” jetzt weiß ist und sich wegen der Hautfarbe anmalt, oder Arielle von einer Inderin dargestellt wird. Auch ist es unerheblich ob jemand der “Klara Sesemann” aus Heidi darstellt eigentlich ein nicht rollstuhlpflichtiger Junge ist…wenn er Klara im Rollstuhl gut hinbekommt. Wenn man Kostüme heutzutage als Aneignung von Eigenschaften eines Volkes sieht, dann nimmt man die Leichtigkeit und Freude an dem Hobby der Kostümdarstellung.
    Ich z.B. habe mich noch nie an einem Klischee-Mexikaner gestört…obwohl ich das ja laut meiner Herkunft tun könnte.
    Rassismus und Bösartigkeit wächst in ganz anderen Kämmerchen.

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Danke für deinen Kommentar. Ich verstehe deinen Standpunkt und auch, dass du dich nicht am Klischee störst. Aber was ist mit den Menschen, die es stört, weil es um die kulturelle Aneignung geht und ihre Kultur dazu benutzt wird, ein Klischee zu bedienen. Kostümdarstellung kann vielfältig sein, aber das Hobby über die Diskriminierung vin anderen zu stellen, finde ich schwierig. Und was diskriminierend ist, entscheidet nun mal nicht die priviligierte Sicht, sondern die betroffene Person. Geht es nicht vielmehr auch darum, was wir vorleben uns dadurch auch verbreiten. Es geht doch um Wertschätzung und respektvollen Umgang miteinander.

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      1. Annina

        Das Problem mit der Diskriminierung ist eben, das sie auf manchen Ebenen eine subjektive Empfindung ist. Manche sehr empfindsame Personen fühlen sich, übertrieben gesagt, von einem Lufthauch beleidigt, angegriffen oder sonst wie verletzt. Ich kannte einige persönlich.
        Ich wurde, besonders als Kind, oft rassistisch “beleidgt” und auch schon mal verprügelt…wenn es mal nicht die “Behinderung” war.
        Das ist für mich ein Problem.
        Aber nicht jemand der fragt “wo ich eigentlich herkomme”..oder ähnliches…das ist für mich normal.

        Auch ist es doch so, dass oft “nur” gesunden also nicht behinderten weißen, westlichen, heterosexuellen Personen “kulturelle Aneignung” vorgeworfen wird. Keiner, denke ich käme auf die Idee Japanern oder Chinesen diesen “Tatbestad” vorzuwerfen..wenn sie z.B. Michel aus Lönneberga oder seine Schwester Ida darstellen würden.

        Alles schwierig.

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