Eltern sein bedeutet aushalten können

Erstellt am 30. Mai 2016

Eine der wichtigsten Erfahrungen die ich gemacht habe, seit ich Mama bin ist, das Eltern sein auch aushalten können bedeutet. Dieser Satz lässt sich auf so viele unterschiedliche Bereiche übertragen. Bei Twitter gab es in der vergangenen Woche eine sehr interessante Diskussion zum Thema: Unterschiedliche Erziehungsansichten zwischen den Eltern.

Meine Devise ist auch hier: Ich muss es aushalten können.

Mein Mann und ich sind nicht eine Person. Wir haben unterschiedliche Vorlieben und Ansichten. Auch was die Erziehung angeht. Prinzipiell haben wir eine ähnliche und gemeinsame Richtung aber die Ausprägung ist unterschiedlich. Dieser grundsätzlich gemeinsame Weg ist für mich eine Grundvorraussetzung. Eine gemeinsame Richtung, in der sich dann jeder nach seinen Vorstellungen entfalten kann. Das war nicht immer so. Wir mussten beide lernen uns aufeinander zu verlassen und zu vertrauen. Unterschiedliche Einstellungen zum Beispiel zum Thema Familienbett, haben zu Beginn sehr viel Kraft geraubt. Aber wie haben einen gemeinsamen Weg gefunden. Manchmal denke ich, ich bin einfach etwas geduldiger und gehe mit mehr Emphatie auf unseren Sohn zu. Wenn ich dann beobachte wie der Herzmann mit unserem Sohn umgeht, liegt es mir auf der Zunge zu sagen, „hey, ich finde …. “ Aber es geht nicht.

Ich bin der Auffassung, das muss ich als Mama (oder Papa) aushalten können. Denn auch wenn sich mein Weg für mich richtig anfühlt, woher will ich wissen, das es der einzig richtige Weg ist?

Ich tief überzeugt das auch der Papa nur das beste für sein Kind möchte. Und wenn er eine andere Auffassung hat? Was dann? Ich halte mir immer dieses Bild vor Augen: Er denkt wahrscheinlich auch, es ist der richtige Weg. Und genau deswegen lasse ich ihn machen. Er hat Gründe für sein Verhalten. Wir sind beide Eltern. Wir haben eine gleichberechtigte Elternschaft. Das ist das was ich mir immer gewünscht habe. Und jetzt soll ich dies in Frage stellen, weil ich eine andere Meinung habe? Nein, hier bin ich gefragt. Ich muss das aushalten können. Denn wir sind Eltern. Beide.

4.5.16 Familientour durch Berlin (23)

 

Wie ich das aushalten kann?

Schon alleine die Frage, beinhaltet die Antwort. Es ist meine Aufgabe. Ich muss an MIR arbeiten. Dieses aushalten, ist für mich als Mama sehr wichtig. Denn es bestimmt das Verhältnis unter uns Erwachsenen.  Hier kann ich auf die grobe gemeinsame Richtung hinsichtlich unserer  Werte vertrauen.

Ich vertraue ihm. Ich vertraue dem Papa, weil ich ihn liebe und weil ich weiß, dass er unseren Sohn liebt. Häufig hat Aushalten auch etwas mit Vertrauen zu tun. Wenn ich in einer Situation komplett anders reagieren würde, dann vertraue ich auf meinen Mann. Auf den Papa. Und weil ich dieses tiefe Vertrauen in ihn habe, kann ich die Sitauation aushalten.

Mein Mann und ich haben kaum Regeln. Eine – und das ist mit die allerwichtigste für uns – ist, dass wir einander vertrauen. Wir wollen beide das Beste für unseren Sohn. Manchmal auf unterschiedlichen Wegen. Aus diesem Grund, weil wir uns vertrauen und die Entscheidungen respektieren – auch wenn wir nicht immer der selben Meinung sind – wird eine Entscheidung nicht vor dem Sohn in Frage gestellt. Ok, ein leichtes Kopfschütteln kann ich mir nicht immer verkneifen, aber es gibt in der aktuellen Situation keine Diskussion. Falls ich diese Entscheidung absolut nicht mittragen kann, so besprechen wir es später in Ruhe. Das ist nicht immer einfach. Es erfordert Arbeit. Aber an einem selbst und nicht an dem anderen.

Selbstverständlich sollte man grundlegende Dinge, von denen man unterschiedlicher Auffassung ist, gemeinsam besprechen. Bei Twitter kam die Frage auf, wie das denn beim Essen sei. Einer erlaube das Essen im Stehen, das andere Elternteil nicht. Es gibt wahrscheinlich nicht die Lösung. Aber man könnte ja einen Weg finden, für die Regel beim gemeinsamen Essen.

 

Wie gehen die Kinder mit unterschiedlichen Entscheidungen um?

Über diese Frage machen wir uns immer wieder Gedanken. Aber ich glaube, dass Kinder erfahren sollen, dass ihre Eltern unterschiedliche Personen sind, die unterschiedliche Ansichten haben. Das kann nicht nur eine Paarbeziehung bereichern sondern auch eine Eltern – Kind – Beziehung. Wir gebeb unseren kindern dadurch viel mit auf ihren weiteren Lebensweg und ermutigen sie auch zu einem eigenständigen Menschen zu werden, der andere Meinungen akzeptieren kann.

Kinder können schon sehr früh unterscheiden, was bei wem in Ordnung ist und was nicht. Solange die Person in sich stimmig reagiert, ist das für Kinder kein Problem. Schwierig wird es, wenn ich als Mama heute so handle und morgen ganz anders. Ich kann aber durchaus verbalisieren: „Ich möchte das nicht, wen du das mit Papa machst, ist es für uns alle ok.“

Es gibt viele Bereiche im kindlichen Leben, die anderes sind als zu Hause. Das beginnt bei den Großeltern und im Kindergarten und in der Schule weiter. Die meisten Kinder können sehr gut unterscheiden, wo sie gerade sind, und was gerade möglich ist. Dies muss man überhaupt nicht negativ sehen. Denn genau diese unterschiedlichen Verhaltensweisen und Herangehensweisen können die Kinder und ihre Erfahrungen bereichern.

Ich gebe meinem Sohn ein Messer, damit er selbst Gemüse schneiden kann. Für seinen Papa wäre das unvorstellbar.

Sein Papa geht mit ihm zu den Ziegen in den Stall. Ich würde das niemals tun, weil ich Angst vor einem Ziegentritt hätte.

Dieses einfache Beispiel macht deutlich, dass unterschiedliche Entscheidungen häufig aus Ängsten oder Vorlieben heraus geprägt sind. Woraus diese resultieren, kann man immer wieder hinterfragen. Es ist nicht schlechter oder besser. Nur anders. Vielleicht können mehrere Wege bereichern. Denn nur so kann man auch neues entdecken.

 

 

Weitere Artikel die aus der Twitterdiskussion entstanden sind findet ihr bei:

 

wheelymum

Share This:

1 Kommentar

  1. Pingback: Jesper Juul - Liebende bleiben - Rezension (+ Verlosung) - Wheelymum

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert