Eltern mit Behinderung: Toleranz und Akzeptanz

Eltern mit Behinderungen

Erinnert ihr Euch noch an die Veröffentlichung der Lesermail? Ich bin sehr froh, diese öffentlich verbreitet zu haben, denn ihr habt mir den Rücken gestärkt. Ich hatte das Gefühl, ich muss das nicht alleine (er)tragen. Ok, es gab auch einige beleidigende Kommentare, diese habe ich aber einfach nicht freigeschaltet. Mein Blog, meine Regeln und ich muss mich nicht beleidigen lassen. Bei der Mail, ging es mir vielmehr um Öffentlichkeit, damit man merkt, wie einige Menschen heute leider immer noch denken. Einige andere Blogs haben diesen Brief geteilt – danke dafür!. Darunter auch  Motherbirth. Eine ihrer Leserinnen hat mich angeschrieben. Ihr Mann ist auch behindert und sie hat einen Gastbeitrag geschrieben. Aber lest selbst:

Hallo,

ich weiß gar nicht so genau wie und wo ich anfangen soll.

Ich stelle mich dann erst mal vor.

Ich bin Nine 38 Jahre, verheiratet mit Göttergatte (41) und Mutter von Zuckerschnute (18 Monate).

Wir wohnen in einem kleinen Städtchen mit etwa über 50.000 Einwohnern, haben ein Haus und ich bin derzeit Vollzeit-Mama. Mein Mann ist Querschnittsgelähmt, sitzt im Rollstuhl seit fast 19 Jahren nach einem Unfall bei der Bundeswehr. Er hat sich den 4,5,6 Halswirbel gebrochen und seitdem einen Inkompletten Querschnitt. Er kann nicht mehr Laufen und die Hände sind nur Funktionshände (zur Faust gebunden worden, um Gegenstände festhalten zu können). Er fährt Auto, spielt Rollstuhlrugby, geht in die MuckiBude und regelmäßig zur Physiotherapie. Als ich noch Berufstätig war schmiss er den Haushalt d.h. alles was mit seiner „ Behinderung“ möglich ist und jetzt ist er stolzer Papa  und macht immer noch den Haushalt.

Der Grund warum ich als Gastbloggerin bei Wheelymum schreiben darf war ein Post den ich bei MotherbirthblogBehinderte Eltern: Gesellschaftlich nicht anerkannt?“ gelesen habe, die diesen Bericht von Wheelymum.com geteilt hatte.

Die Person schrieb: das sie Probleme mit Behinderten Menschen hat und es doch besser wäre, sie in geschlossen Einrichtungen mit samt zugehöriger Familie unterzubringen, weil sie diese Menschen nicht anschauen kann und man Kinder auch von Behinderten fernhalten solle.

Diese Person wurde als Troll tituliert.

Ich habe den Artikel meinem Göttergatten vorgelesen, während der Autofahrt und ich musste Lachen (nicht weil es so lustig war) meinem Mann verschlug es auch kurz die Sprache, aber er meinte bei manchen fängt die Behinderung im Kopf an. Und das war der Anlass Ju zu schreiben und zu bestärken das Behinderte nicht hinter hohen Mauern und verschlossenen Türen sitzen sollen. Sie gehören in unsere Gesellschaft.

 

Ich war sehr verärgert, frustriert und nachdenklich nach diesem Text und hoffe einige zu erreichen und zu erklären das ALLE MENSCHEN mit Behinderung (die keine Gefahr für sich und andere darstellen) in unsere Gesellschaft gehören.

 

Ich hatte Ju geschrieben und werde einen Teil davon in diesen Text setzen.

 

Be-hindert umschreibt doch nur das man etwas nicht durchführen kann und Ge-hindert wird. Wenn ich mir in den Daumen schneide kann ich meine Hose nicht mehr zu machen und bin dann schon Be-hindert, wenn ich mir den Fuß breche kann ich kein Auto fahren und brauche eine Hilfsperson weil ich Ge-hindert bin. Dies sind Einschränkungen die schnell vorbei sind und ich kann dann später den Alltag meistern, aber jeder der schon mal “eingeschränkter war oder ist, entwickelt Strategien sein Leben zu meistern, so selbstständig wie möglich. Das erleben wir auch jeden Tag und Zuckerschnute lernt so viel von ihrem Papa, andere Strategien zu ergreifen und Dinge zu erreichen. Ich gebe da mal ein Beispiel: Mein Mann kann keine Flasche mit den Händen aufmachen, da ihm auf Grund seines Querschnitts die Kraft in den Händen/Armen fehlt. Er macht es mit dem Mund  und unser Sonnenschein macht das nach wenn es etwas mit den Händen nicht hinbekommt. Wir finden das super, klar wenn sie größer wird sie die leichteren Wege nehmen.

 

Mein Mann ist körperlich eingeschränkt aber Kopfmäßig voll da, nur weil er im Rollstuhl sitzt, ich ihm im Restaurant behilflich bin sein Fleisch zu schneiden oder er sein Glas anders hält wenn er was trinkt, sollen wir deswegen zu Hause bleiben, nur weil es Menschen gibt die damit nicht um können? NEIN UND NOCHMALS NEIN!

 

Ich kann doch nicht jeden Brillenträger sagen er soll zu Hause bleiben oder in bestimmte Einrichtungen gehen, nur weil ich Menschen mit eingeschränkten Sehvermögen für die Gesellschaft unakzeptabel finde, wo kommen wir denn da hin?

 

Kinder gehen so unbefangen damit um und man darf ihre Neugier gerne befriedigen wenn sie fragen warum man im Rollstuhl sitzt. Zuckerschnute ist 18 Monate alt und wir wollen ihr zeigen dass jeder Mensch mit sichtbaren und nicht sichtbaren Einschränkungen vollwertige Menschen sind und das Leben anders meistern als wir! warum sollte daran auch etwas falsch sein? Davon könne WIR auch lernen. Man wird nicht krank wenn man einen Menschen anfasst der im Rollstuhl sitzt, wir leben in einer so aufgeklärten Zeit, das ich mich frage wo manche Menschen leben. Ich sage mir einfach das auch diese Leute sehr schlecht aufgeklärt worden sind, so wie: durch Küssen wird man Schwanger! Auch das ist ja eindeutig widerlegt worden.

 

Ich vergleiche unsere Gesellschaft gerne mit einem Essen: Nicht jeder kocht den Eintopf gleich, viele verschiedene Gewürze ergeben was Besonderes und das ist bei den Menschen genauso.

Jeder Mensch ist einzigartig in dem was er kann: egal ob Taub, Blind, Geh-Stehunfähig, Geistig behindert und was weiß ich noch alles.

 

Ein schönes Bild. Jeder kocht den Eintopf unterschiedlich, die Gewürze machen jeden anders.

Ein schönes Bild. Jeder kocht den Eintopf unterschiedlich, die Gewürze machen jeden anders.

Wer sagt denn was normal ist? Die Gesellschaft/ Wir? Was erlauben wir uns denn? Wer sagt denn dass ein Mensch mit Trisomie 21 nicht normal ist? Er meistert das Leben halt anders und vielleicht mit Hilfe, aber auch wir brauchen Hilfe allein schon um einen Versicherungsvertrag zu verstehen.

 

Geht doch einfach offen mit allen um, nehmt ein Beispiel an unseren Kindern, sie haben keine Scheu, sie fragen direkt und man soll es ihnen nicht verbieten. Derjenige der gefragt wird wir schon entscheiden können ob er antworten möchte oder nicht. Kindermund tut Wahrheit kund.

 

Was meint ihr denn dazu?

Ganz liebe Grüße Nine

 

Vielen Dank Nine, für deine Worte und deine Beispiele. Ich denke du hast vollkommen recht und du beschreibst das mit tollen Bildern. Jetzt würde mich eure Meinung dazu interessieren.

 

Weitere Beiträghe zur Blogreihe findet ihr hier:

 

Eure

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wheelymum

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1 Kommentar

  1. Mother Birth

    Liebe Ju,

    ich freue mich so! Ich kann mich sogar noch an den Kommentar von Nine erinnern – einer mit Bild von ihren Lieben <3 Es ist wundervoll, dass daraus ein so toller Gastbeitrag geworden ist.
    Da sieht man mal wieder – Teilen hat immer einen Mehrwert <3

    Liebe Grüße
    Mother Birth

    Antworten

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