Behindernisse: Behörden, Behinderungen und Fristen

Ein Vogel sitzt auf einem Ast. Dahinter sieht man verschwommene Herbstblätter
Heute möchte ich einen Gastbeitrag teilen, der sehr eindringlich eines der vielen Probleme von Menschen mit Behinderungen beschreibt. Denn es ist kein Einzelfall, aber lest einfach selbst:

 

Heute darf ich für Wheelymum einen Blogbeitrag über Behinderungen in unserem Leben schreiben.

Mit „uns“ meine ich meine Familie: Das sind neben mir und anderen auch mein schwerbehindertes Schulkind.

Als schwerbehinderter Mensch darf man unter anderem Nachteilsausgleiche beantragen. Nachteilsausgleiche können alles mögliche sein, was Behinderungen ausgleichen oder lindern könnte. Das können zum Beispiel Dolmetschdienste, persönliche Assistenz, die rollstuhlgerechte Umrüstung eines Autos, ein Computer für die Schule oder eine spezielle Therapie oder Schulung sein. Wie genau das funktioniert, ist zum Beispiel im Sozialgesetzbuch Buch IX (kurz: SGB IX) geregelt. Und dort steht in Paragraph 14 auch, wie lange die Bearbeitung eines solchen Antrages dauern darf: 

„Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf […] fest […]. Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang“ zitiert aus der Seite des Bundesminitseriums für Justiz

 

Rehabilitationsträger sind zum Beispiel Sozialämter für das SGB XII oder Krankenkassen für das SGB V.

Wir wollen eine Schulung besuchen, um wichtige Dinge zu erlernen, die unserem schwerbehinderten Kind den Schulalltag erleichtern sollen. Dazu haben wir einen Antrag im Rahmen der Eingliederungshilfe SGB XII gestellt. Weil noch keiner der von uns gestellten Anträge dort fristgerecht bearbeitet wurde, versenden wir Anträge und Widersprüche nur noch mit Einschreiben und Rückschein. Genau genommen wurde keiner unserer bisher vier Anträge dort ohne Ankündigung der Untätigkeitsklage bearbeitet.

Leider sind die drei Wochen auch diesmal verstrichen, ohne dass wir irgendeine Reaktion erhalten haben.

Das ist nicht nur ärgerlich und belastend für uns: Die Fristen und Nachteilsausgleiche haben ja auch einen Sinn. Wir beantragen nur etwas, weil ein erheblicher Nachteil besteht, der ausgeglichen werden soll. Oft sind damit Fristen verbunden: Wird ein Computer zum Lesen und Schreiben in der Schule benötigt, sitzt die_der Schüler_in im Zweifelsfall daneben und kann nicht mitarbeiten und verpasst Lernstoff. Geht es um umfassende Assistenzbedarfe, geht es auch mal um sehr viel mehr: Irgendwann muss jede_r Mal was Essen, seine Position wechseln und so weiter.

Diese Schulung nicht genehmigt zu bekommen, ist sicher nicht so dramatisch, wie eine persönliche Assistenz nicht genehmigt zu bekommen. Aber wenn die Behörde wieder nicht innerhalb der Klagefrist auf unseren Antrag reagiert, werden wir wohl nicht an der Schulung  teilnehmen können, weil sie dann schon vorbei ist. Auch das ist behindernd.“

 

Hier wird deutlich, was das Leben von Menschen und deren Angehörigen und Freunde  schwer macht. Mit der Behinderung lernen wir meistens zu leben. Doch das man um alles kämpfen muss, dass eine echte Teilhabe nur selten möglich ist, das man Fristen und Gesetzestexte kennen muss, all das macht es wirklich anstrengend. 

 

 

Eure 

 

 

wheelymum

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4 Kommentare

  1. Frank

    Ich finde dies tatsächlich ebenso verwerflich und maximal nervig.
    Das ist jedoch nicht nur bei den Nachteilsausgleichen wg. Behinderung so sondern betrifft leider fast alle Leistungen des Staates.
    Meiner persönlichen Erfahrung nach ist dies oft der Überlastung der Mitarbeiter wg. ineffizienter Verwaltungsabläufe geschuldet. Ich gehe eher nicht von Vorsatz aus.
    Was neben der Androhung der Untätigkeitsklagen noch funktionieren kann ist eine Beschwerde bei der Dienstaufsicht. Im Falle der Stadt Köln ist dies z.B. die Bezirksregierung Köln. Dort konnte man sich sogar online beschweren und innerhalb von nur 2 Tagen passierte dann sogar etwas.
    Gleichzeitig fühlt man sich aber schlecht, weil dieses “Vordrängeln” dazu führt, dass jemand anders wohl noch länger wartet.
    Ich gebe die Hoffnung (noch) nicht auf, dass auch die Verwaltungen bald im neuen Jahrhundert ankommen und dann die anfallenden Anträge fristgerecht bearbeitet werden können.

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Vielen Dank für diese differntierte Sicht und deine Tipps

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  2. Dagmar Schneider

    Hallo,
    was eine “von mir benötigte, präventive Tagesstrukturmaßnahme (ergotherapeutischer Ansatz) oder finanzielle “Einmalleistung” für “präventive VHS Kurse” betrifft, verweigert sich in meinem Fall die “Eingliederungshilfe” auch schriftlich!?
    D.Schneider (GdB 60)

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    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      So ein Mist. Haben sie dir eine Begründung geschrieben, gegen die du evtl auch Widerspruch einlegen kannst?

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