ICF ist die Abkürzung für Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Was sich hier so abstrakt anhört, muss es nicht zwingend sein. ICF ist in Fachsprache geschrieben, das ist alles andere als einfach.
“Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe, wenn ihre gesellschaftliche Teilhabe beeinträchtigt ist. Dabei stehen ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt. Dieses Recht ist in den Sozialgesetzen verankert. Aber was bedeutet es eigentlich, eine Behinderung zu haben? Und wie können wir sicherstellen, dass jeder Mensch die Unterstützung bekommt, die er wirklich braucht?”
Doch damit wir alle diese Sprache verstehen können, gibt es dieses Buch:
Auf Augenhöhe – ICF verständlich
Das Buch erklärt, was ICF ist, warum es sie gibt und wie das Fragen damit geht. Ich bin nicht ganz fremd in diesem Bereich und doch konnte mir dieses Buch viel weiterhelfen. Denn es ordnet ein und hilft nicht nur Fachwissen zu verstehen, sondern hilft auch beim Denken. Die ICF wird hier nicht als abstraktes Regelwerk eingeführt, sondern als nachvollziehbares Ordnungssystem, das hilft, komplexe Lebenslagen strukturiert zu betrachten, ohne den Menschen dahinter zu verlieren. Ja, damit ist es ein Fachbuch – aber es ist für alle Menschen geschrieben.
Zentral ist das Verständnis von Behinderung, das dem bio-psycho-sozialen Modell folgt. Behinderung erscheint nicht mehr als Eigenschaft oder direkte Folge einer Erkrankung, sondern als Ergebnis einer Wechselwirkung: zwischen einem Menschen mit einem Gesundheitsproblem und den Bedingungen seiner Umwelt. Damit verschiebt sich der Fokus konsequent weg vom Individuum als „Träger des Problems“ hin zu gesellschaftlichen, sozialen und strukturellen Rahmenbedingungen. Diese Perspektive macht deutlich, dass Teilhabe keine individuelle Leistung ist, sondern eine gemeinsame Aufgabe.
Die ICF selbst wird als das dargestellt, was sie ist: eine Klassifikation, also ein Ordnungssystem. Das Buch nutzt anschauliche Bilder, um diese Logik verständlich zu machen. Kategorien funktionieren wie Schubladen, in denen ähnliche Aspekte zusammengefasst werden. Das schafft Übersicht und ermöglicht Verständigung zwischen unterschiedlichen Fachkräften. Gleichzeitig wird klar benannt, was jede Klassifikation begrenzt: Zusammenfassung bedeutet immer auch Vereinfachung. Unterschiedliche Inhalte liegen nebeneinander, ohne identisch zu sein. Diese Differenz bewusst mitzudenken ist Teil professioneller Arbeit – und genau hier setzt das Buch an.

Besonders hilfreich ist, dass die ICF nicht als starres Schema vermittelt wird, sondern als gemeinsame Sprache. Eine Sprache, die gelernt, verstanden und gepflegt werden muss, damit Zusammenarbeit gelingt. Der Text macht deutlich, warum ein einheitliches Ordnungssystem entlastet, Orientierung schafft und Fehlinterpretationen reduziert – gerade dann, wenn viele Beteiligte zusammenarbeiten.
Persönlich wirkt das Buch nicht, weil es emotional schreibt, sondern weil es Haltung vermittelt. Es lädt dazu ein, genauer hinzusehen, differenzierter zu beschreiben und vorschnelle Bewertungen zu vermeiden. Die Praxisnähe entsteht durch Beispiele, klare Struktur und eine konsequente Übersetzung der Theorie in den Berufsalltag.
Sinnvoll ist dieses Buch für pädagogische Fachkräfte, Therapeutinnen und Therapeuten, Mitarbeitende im Sozial- und Gesundheitswesen, in der Eingliederungshilfe sowie für alle, die Hilfeplanung, Förderprozesse oder interdisziplinäre Zusammenarbeit verantworten. Auch für Studierende und Quereinsteiger bietet es einen stabilen Einstieg. Darüber hinaus ist es wertvoll für Menschen, die ihre professionelle Haltung reflektieren und weg vom Defizitblick hin zu funktionalen Zusammenhängen denken wollen. Der Aufbau ist klar in drei Teile unterteilt:
1. Basiswissen
2. Hintergrundwissen zur Bedarfsermittlung
3.Arbeitsbuch und Praxisbeispiele
Es gibt Textstellen die mit einem Ausrufezeichen markiert sind, für Stellen die man sich merken sollte,
Tipps für praktische Anwendungen bei denen eine Glühlampe zu sehen ist
und einen Stift für Arbeitsbereiche die im Buch selbst ausgefüllt werden können.
Fazit: Ein Fachbuch, das Klarheit schafft. Es erklärt die ICF nicht nur, sondern macht sie denkbar, anwendbar und anschlussfähig. Für mich als Betroffene sehr wichtig und eine gute Ergänzung zu meinem bisherigen Wissen.
