Aus Sprache wird Wirklichkeit – warum das Wording so wichtig ist

Eltern mit Behinderungen

Wenn ich hier von mir schreibe oder aus unserem Leben erzähle wechsle ich in der Selbstbezeichnung zwischen Eltern mit Behinderungen, Behinderte:n oder werden behindert. Das zeigt, nicht nur meine Lebensrealität. 

 

Immer wieder höre ich von anderen Menschen, die behinderten Menschen diese Selbstbezeichnung absprechen. Das ist ein No go. Behindert oder behinderte Menschen oder Menschen mit Behinderung  – nichts davon ist ein Schimpfwort. Es ist schlichtweg eine Tatsache. Ein Merkmal, so wie die Augenfarbe oder Haarfarbe. Das zählt immer. Ganz egal in welchem Kontext Menschen mit uns darüber diskutieren wollen. Auch wenn diese Menschen eine Super Ausbildung haben und schlichtweg lieber Handicap oder Besonderheit oder sonst etwas dazu sagen. 

 

Warum ich das schreibe? 

Ich bekam eine Interviewanfrage für eine Zeitschrift. Es ging in der Anfrage um das Leben von Eltern mit Behinderungen. Es würden noch eine Fachperson dazu befragt werden und eine weitere Mutter. Da ich die Fachkraft persönlich kenne und sie selbst eine Behinderung hat, war das für mich unter diesen Vorraussetzungen ok. Das Gespräch mit der Redakteurin lief super- viele Nachfragen, ein guter Blick,… Es wurde vereinbart, dass ich meine Zitate gegen lesen darf und da gab es nicht das Geringste daran auszusetzen. Nun kam der Artikel und lest selbst: 

Ausschnitt aus dem Artikel mit einem Foto von mir, der ersten Textspalte und darüber die Überschrift Eltern mit Handicap

Nein, damit bin ich nicht einverstanden. Unsere Sprache ist ein mächtiges Instrument. Wörter haben Macht. Es war vermutlich mein Fehler, dass ich das nicht vorher gründlich gecheckt habe. Dennoch möchte ich hier nochmals klarstellen: Bitte sprecht uns (Eltern/ Menschen) nicht so an. Es braucht kein Handicap. Wir brauchen keine Wörter die sanfter oder netter klingen. Tanja Kollodzieyski – Rollifräulein sagt dazu:

” Der Begriff Behinderung hat durchaus sozialkritische Elemente. Daher halten ihn viele behinderte Menschen für neutral und akzeptabel. Menschen ohne Behinderung tun daher gut daran, sich an diesen Begriff als etwas Neutrales zu gewöhnen.” 

Damit das gelingt, müssen auch Jornalist:innen und Medienschaffende hier mitarbeiten und ihr Wissen erweitern oder das gelernte reflektieren. Das darf dann nicht von der Chefredaktion zur vermeintlich besseren Lesbarkeit geändert werden.  Mein Selbstverständnis wäre diese Überschrift gewesen und ich bin mir sicher, das hätte niemandem weh getan. 

 

Dassselbe Bild wie gerade Ausschnitt aus dem Artikel mit einem Foto von mir, der ersten Textspalte und darüber die Überschrift Eltern mit Handicap Diese habe ich mit einem roten Textfeld überschrieben mit weißer Schrift steht nun hier mit Behinderung

 

Ja, ich habe hier einen Fehler gemacht und werde daraus lernen.

Aus diesem Grund bitte ich auch euch, auf eure Sprache zu achten.

Denn Sprache ist Macht.

Sprache schafft Wirklichkeiten. 

 

Eure

wheelymum

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1 Kommentar

  1. Jürgen Trinkus

    Danke für die klare Positionierung! Behinderung ist eine Tatsache und wenn wir Nahteilsausgleiche einfordern wollen, müssen wir ungeschönt über Defizite und also Behinderungen sprechen statt das zu verniedlichen durch “Schwer in Ordnung” oder so. Ich verstehe nur nicht, was an dem Begriff “Handicap” falsch sein soll. Ist er nicht die englische Entsprechung für Behinderung?

    Antworten

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