Rechtsextremismus geht uns alle an – von jung bis alt, von behindert bis nicht behindert

Kinder von Eltern mit Behinderungen

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Ich schreibe diesen Text am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Ein Tag, der jedes Jahr aufs Neue sichtbar macht, wie viel noch fehlt – an Barrierefreiheit, an Teilhabe, an Gerechtigkeit. Und ein Tag, an dem viele von uns auf die Straße gehen oder ihre Stimme online erheben.

Doch heute ist auch ein Tag, der sich besonders schwer anfühlt. Denn in diesen Wochen wurde die AfD offiziell vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Für mich war das keine Überraschung. Aber es war ein Moment, in dem mir noch einmal besonders klar wurde: Unsere Demokratie ist in Gefahr. Und damit auch unser Recht auf Teilhabe – ganz konkret.

Wenn Leistung mehr zählt als Menschenwürde

Als Frau mit Behinderung weiß ich, was es bedeutet, ständig zu beweisen, dass man dazugehört. Dass man mitdenken, mitarbeiten, mitentscheiden kann – obwohl man nicht dem entspricht, was manche als „Normalität“ ansehen.

Die AfD stellt diese Zugehörigkeit ganz offen infrage. Sie spricht von einer „Leistungsgesellschaft“, lehnt inklusive Bildung ab, kritisiert UN-Konventionen zur Gleichstellung. Und sie relativiert offen die Verbrechen des Nationalsozialismus – eine Zeit, in der Menschen mit Behinderungen systematisch entrechtet, ermordet, ausgelöscht wurden.

Es geht nicht um politische Meinungen. Es geht um Menschenwürde. Um das Grundgesetz. Um unsere Sicherheit.

Bildrechte: Volksverpetzer

Ein Parteiverbot? Ja. Aus Verantwortung.

Ich halte ein Verbot der AfD nicht für übertrieben. Ich halte es für notwendig. Nicht als politischen Schnellschuss – sondern als Konsequenz auf das, was offensichtlich ist: Diese Partei gefährdet unsere Demokratie.

Das Grundgesetz schützt Meinungsfreiheit – aber nicht, wenn sie dazu genutzt wird, andere zum Schweigen zu bringen. Es schützt Parteien – aber nicht, wenn sie den Staat abschaffen wollen.

Diskriminierung geht uns alle an – ein Buch, das Haltung fordert

Im Sammelband „Diskriminierung. Geht uns alle an“, herausgegeben von Josephine Apraku (Carlsen Verlag), kommen viele Stimmen zu Wort, die genau das deutlich machen: Diskriminierung ist nicht nur das Problem der „Betroffenen“. Sie ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft als Ganzes.

Das Buch zeigt in klarer, zugänglicher Sprache, wie tief Rassismus, Ableismus, Sexismus und andere Formen der Ausgrenzung in unserer Gesellschaft verankert sind – und wie wir dagegen vorgehen können. Die Texte sind von 19 Betroffenen geschrieben – Menschen die sich mit der jeweiligen Diskriminierungsform auskennen, da sie sie selbst erleben –  und so verfasst, dass sie bereits Kinder und Jugendliche ansprechen und zeigen, was hinter Diskriminierung steckt, welche Formen es gibt und vor allen Dingen, wie wir dem entgegen stehen können. Ob in der Schule, im Familienalltag oder im Berufsleben: Es sind die kleinen Momente, in denen wir Haltung zeigen müssen. Selbstverständlich ist das Thema komplex und braucht Begleitung durch Erwachsene, gerade bei Kindern unter 12 Jahren. Aber der Zugang zu dem Thema ist mit diesem Buch eine tolle Möglichkeit auch auf so bekannte Diskriminierungsformen aufmerksam zu machen. Die Grafik und Illustrationen unterstützt diese Zugänglichkeit sehr.

Gerade als Mensch mit Behinderung habe ich oft erlebt, wie wichtig es ist, dass andere sich mitverantwortlich fühlen. Dass sie sich mit gemeint fühlen. Dieses Buch ist eine Einladung dazu – und ein Appell, Diskriminierung nicht länger zu übersehen.

Demokratie beginnt bei den Jüngsten – und braucht uns alle

Das zweite Buch, das mich tief beeindruckt hat, ist „Wie wir mit unseren Kindern Demokratie verteidigen“ von Natascha Sagorski (Beltz Verlag). Es ist ein praxisnahes, kluges Buch über Mitbestimmung, Gerechtigkeit, Vielfalt – und darüber, wie wir diese Werte ganz konkret leben können.

Sagorski zeigt, wie Demokratie im Alltag entsteht: Wenn Kinder gehört werden. Wenn sie erleben, dass auch ihr „Nein“ zählt. Wenn sie lernen, dass sie etwas verändern können – und dass Verantwortung nicht nur schwer, sondern auch stärkend ist.

Bildrechte_ Beltz Verlag

Ich lese dieses Buch nicht nur als Mutter. Ich lese es als Demokratin. Es gibt mir Hoffnung, dass wir gemeinsam mit unseren Kindern eine widerstandsfähige, gerechte Gesellschaft aufbauen können. Ja, das ist Arbeit – in den Familien, in den Kitas und Schulen, Noch etwas, das on top kommt, zum eh schon vollen Alltag und zum Fachkräftemangel. Aber es ist auch etwas, das nicht hinten runter fallen darf, dass macht dieses Buch deutlich und gibt neben theoretischem Wissen auch praktische Hinweise und konkrete Tipps im Umgang – egal ob durch Gespräche, Teiölahme an einer Demo oder Spiele.

Der 5. Mai – mehr als ein Aktionstag

Heute ist ein Tag des Protests. Für Rampen. Für Rechte. Für Respekt. Aber heute ist auch ein Tag, an dem wir uns fragen müssen: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Eine Partei, die Menschen ausgrenzt, spaltet und entmenschlicht, hat keinen Platz in einem System, das auf Gleichwertigkeit basiert. Die AfD ist nicht harmlos. Sie ist gefährlich. Und sie muss gestoppt werden – mit Worten, mit Taten, mit einem Verbot.

Für mich. Für dich. Für unsere Kinder. Für eine inklusive Demokratie.

 

 

Edit: 8.5.25 ” Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bezeichnet die AfD bis zu einer Gerichtsentscheidung über ein Eilverfahren nicht mehr öffentlich als “gesichert rechtsextremistische Bestrebung”. Der Nachrichtendienst gab im Rechtsstreit mit der AfD eine sogenannte Stillhaltezusage ab.” Quelle: Tagesschau.de

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