Meine Kleidung die ich trage, trage ich meistens schon seit Jahren. Der Grund dafür ist nicht, dass diese besonders wertvoll oder nachhaltig ist. Mein Kleiderschrank besteht einfach aus wenigen Klamotten in denen ich mich besonders wohl fühle. Die mit gut passen, mit denen ich bequem im Rollstuhl fahren kann und die meinem haptischen Empfinden entsprechen.
Das sind die einen Gründen. Die andren Gründe sind die, dass es mir in den letzten Jahren einfach auch nicht wichtig war, schöne oder besondere Kleidung zu haben. Mein Leben war so voll, dass ich andere Prioritäten hatte, als mein aussehen. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte mal einen Besuch bei einer Kosmetikerin hatte oder andere Körperbehandlungen die nicht als Therapie zählen. Ein Friseurbesuch entspannt mich nicht – das hat auch schon vor meiner Behinderung nicht getan – sondern stresst mich vielmehr.
Ganz witzig ist der Aspekt, dass dieses Verhalten von mir, für mich gar nicht erwähnenswert war, für meinen Sohn aber wirklich schwer auszuhalten war. Er mag es, wenn man Zeit in sich investiert, sich hübsch macht und Farbe trägt. Ein wunderbarer Gesprächsanlass zum Thema: Normen, Werte und Menschen so sein zu lassen, wie sie sind. Immer und immer wieder übrigens.
In diesem Frühling war aber etwas anders in mir. Ich spüre eine Veränderung. Ich suche nach Kleidern, probiere ein Make up aus und freue mich darauf, wenn meine Spitzen endlich geschnitten werden.
Nachdem ich an einem sonnigen Tag die Erde unter meinen Fingernägeln heraus schrubbe schaue ich mir meine Hände an. Ein Handpeeling aus Kaffeesatz und Öl würde ihnen gut tun. Ich nehme mit tatsächlich sofort die Zeit dafür und pflege meine Hände. Es tut gut und ich genieße es. Ein neues Gefühl für mich. Ich betrachte meine Nägel und verspüre zum ersten Mal in meinem Leben den Wunsch einen Nagellack auszuprobieren.
Die ganze Zeit war mir das viel zu anstrengend. Zu aufwändig. Zu wenig ich. Leben bedeutet Veränderung. Dass sich das bei mir nun mit einem Wunsch nach Nagellack ausdrückt, damit hätte ich nie im Leben gerechnet.
Für mich war klar, es soll ein Versuch werden. Ein Nagellack der farblich zu mir passt, SEHR leicht aufzutragen ist und nach Möglichkeit lange hält. Denn auf abgesplitterte Nägel oder auf einen Nagellackwechsel innerhalb einer Woche habe ich gar keine Lust.
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So bin ich auf den Striplac von Alessandro gestoßen. Er soll sich leicht auftragen lassen, es gibt ihn in unsagbar vielen Farben und er ist vegan. Damit ist er also eine Alternative zum Shelllack, welcher nicht vegan ist und aus den Ausscheidungen der Lackschildlaus gewonnen wird.
Wer nicht wagt, der bekommt keine farbigen Fingernägel. Also habe ich meine Bestellung aufgegeben und ein paar Tage später kam es schon an. Mein Kind war hellauf begeistert und hat mir direkt beim auftragen geholfen. Eine Schicht Lack und eine Schicht top Coat . Kurz unter die UV . Lampe und dann geht’s los.
Seit einer Woche habe ich nun diesen Lack auf den Fingernägeln. Ich fühle mich wider erwarten wohl damit. Meine Hände sehen gepflegter aus, es stört mich nicht und ich musste ihn bis jetzt auch noch nicht abmachen.
Leben bedeutet Veränderung. Für euch mag Nagellack keine Veränderung oder eine große Sache sein. Für mich ist es ein sichtbarer Schritt auf dem Weg zu mir selbst. Zu einem neuen Selbst. Machen wir uns auf die Reise.
Eure
