Alltäglicher Ableismus Teil 2 – mit dem Rollstuhl zur Einschulung und Ticketkauf

Auf der Straße steht groß STOP . Mein Schattenbild steht davor und schaut in Richtung O

Ganz alltägliche Situationen

Die Septemberwoche Woche hatte es in sich. In vielerlei Hinsicht. Es gab eine erste und auch zwei letzte Male.  Doch noch immer möchte ich gar darüber schreiben, sondern euch noch weitere Situationen aufzeigen, die ziemlich stellvertretend für viele Menschen mit Behinderung sind.

Situation 2

Unser Sohn wurde in der weiterführenden Schule eingeschult. Im Vorgespräch kamen wir kurz auf den Rollstuhl zu sprechen und das im Schulhaus gerade ein Fahrstuhl gebaut wird. Bis dieser funktioniert, versuchen sie aber das Klassenzimmer ins EG zu legen, damit ich auch an Elternabenden oder ähnlichem teilnehmen kann.

Direkt vor der Einschulungsfeier habe ich vergessen nochmal in der Schule anzurufen und nach dem Zugang zur Feier zu fragen. Auch die Schule hat vergessen, dass ich mit dem Rollstuhl komme und so standen wir alle vor einer Sporthalle, in der es vorne wie hinten nur Treppen gibt und keine Rampe oder ähnliches. Eine sehr unangenehme Situation für uns alle. Vor allen Dingen für meinen Sohn, denn dieser traute sich nun nicht alleine in die Halle. Nach einigem hin und her, haben wir mit vereinter Kraft einen – für mich sehr unschönen – Weg gefunden.

Ich wollte schlichtweg dabei sein. Ich wollte nicht für die Person sein, der etliche Menschen helfen müssen. Dadurch wurde ich und die Behinderung – oder positiver ausgedrückt – die fehlende Barrierefreiheit – zum Mittelpunkt.

Mir war das super unangenehm. Meinem Sohn ebenfalls. Gleichzeitig ist das auch körperlich für mich belastend und anstrengend. Am Ende wurde ich aus der Halle heraus getragen und der Rollstuhl kam separat auf viel zu steilen Rampen hinterher.

Wäre es nicht um mein Kind, sondern nur um mich gegangen, hätte ich das nicht auf mich genommen – in vielerlei Hinsicht.

 

Situation 3

Noch eine kurze Situation zum Abschluss. Im Internet wird Werbung für eine ganz besondere Konzertreihe gemacht. Sofort habe ich Lust dort hin zu gehen. Normalerweise müssen Rollstuhlnutzer anrufen um ihre Tickets zu bekommen. Nun schaue ich aber dennoch auf der Homepage kurz nach – auch um die genauen Termine und Preise zu checken. Was sehe ich?

Eine kurze Notiz: Barrierefreiheit – nicht Rollstuhlgerecht

Thema erledigt.

Ein Screenshot vom Ticketjauf mit den Eiinzelheiten in Textform: 
Ort - kleine Kirche 
Einlass: Eine Stunde vor Beginn 
usw. 
Barrierefreiheit - nicht Rollstuhlgerecht

 

Ich weiß nicht ob ihr euch vorstellen könnt, was das mit einem Menschen macht. Mit einer kurzen Bemerkung wird man einfach ausgeschlossen.

Keine der geschilderten Situationen ist ein Einzelfall. All das erleben Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen jeden Tag in unterschiedlichen Formen. Das einfach nochmal aufzuzeigen und bewusst zu machen, dass vieles was für gesunde Menschen ganz Alltäglich ist und ohne darüber nachzudenken genutzt werden kann, für andere Personengruppen unmöglich sein oder nur mit einem enormen Aufwand funktionieren.

wheelymum

Share This:

1 Kommentar

  1. Anne

    Hallo Wheelymum,
    ich kenne beide Situationen nur zu gut – und bin es immer wieder leid, zu kämpfen. Mein Sohn ist jetzt in der 4. Klasse der Grundschule. Ich konnte nur beim allerersten Elternabend dabei sein. Die Schule hat keinerlei barrierefrei Klassenzimmer. Der erste Elternabend wurde, weil die Coronaregeln damals den Abstand erforderten, im Pfarrsaal abgehalten, der barrierefrei ist. Die Einhaltung der Coronaregeln führten also dazu, dass eine andere Lösung als das Schulhaus gefunden wurde. Dass eine rollstuhlnutzende Mutter am Elternabend dabei ist, ist für die Schule kein Grund, sich Alternativen zu suchen. Auch beim Gespräch mit der Klassenlehrerin verlangte diese, dass mein Mann mich ins Klassenzimmer trägt. Ein Treffen in der Pausenhalle (nur eine Stufe zum überwinden) war ihr “zu ungemütlich”- konnte ich aber dann dennoch durchsetzen. Manchmal bin ich es echt leid.

    Und ja, auch das Problem mit Konzertbesuchen u.ä. kenne ich. Entweder man kann gar nicht erst teilnehmen oder sitzt in der ersten Reihe (Kino) oder ganz am Rand, am besten noch durch einen Gang abgetrennt. Und bei einem Popkonzert zu dem ich wollte, hätte ich zwar meine Begleitperson mitnehmen dürfen. Wir wären in einem extra Bereich für Rottsuhlfahrende gewesen – somit weit weg von allen Fußgängern. Dass Rollstuhlfahrende mit Freunden unterwegs sein könnten, überraschte die Verantwortlichen hörbar….

    Ja, es ist anstrengend und emotional schmerzhaft, wie man als behinderter Mensch schon mit kurzen Worten ausgeschlossen werden kann.

    Und dann freue ich mich über die andere Haltung – die doch eigentlich Standard sein sollte: der Pfarrer, der sagt “Wer kann und will darf zu Segen aufstehen oder auch sitzen bleiben”, der Chorleiter, der sagt “der Proberaum ist mit Stufen aber ich suche natürlich einen anderen Raum in dem sich alle wohl fühlen”…..

    Liebe Grüße

    Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert