Was ist die Spoontheorie und warum trifft sie auf mich zu ?

Ein Tweet und meine Nachrichten – Box explodierte. Viele stimmen mir zu und erzählen, dass es ihnen oft ähnlich geht. Die wenigsten mögen das aber öffentlich sagen.

 

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Wie vielen von Euch es oft nicht gut geht und wir Menschen mit Behinderungen mit unseren Kräften einfach anders haushalten müssen als andere, das zeigten mir die Reaktionen darauf. Auch die Erkenntnis, dass sich viele immer noch nicht trauen, das Öffentlich zu sagen. Denn leider ist es in unserer Gesellschaft immer noch so, dass sich vieles nur an Leistung gemessen wird. Aber was genau ist die Leistung? Was wird alles geschaffen? Wie viel Geld habe ich auf dem Konto oder wie viel kann ich mit meinen Kindern unternehmen? Das alles ist relativ und für manche ist es eine enorme Leistung sich einzugestehen, wenn der Körper eine Pause braucht.

Der eigentliche Punkt ist: Das ist weder vergleichbar noch relativierbar. Dazu gibt es auch eine Theorie: Die Spoontheory

Diese wurde von Christine Miserandino ins Leben gerufen. Christine hat Lupus und wurde von ihrer Freundin bei einem Restaurantbesuch gefragt, wie es sich anfühlt, eine chronische Erkrankung zu haben.

Sie hat die Situation genutzt und hat mit Löffeln die an ihrem und am Nebentisch lagen der Freundin folgendes erklärt:

Viele chronische Erkrankungen führen zu einer geringen Belastbarkeit. Eine erkrankte Person hat nicht selten deutlich weniger körperlich und oder mentale Energie um durch einen Tag zu kommen.

Diese Erkenntnis stellt die Spoony Theorie mit Löffeln dar. Sie verteilt die Löffel also an sich und ihre Freundin. Jeder Löffel steht für eine Aktivität im Tagesablauf. Christine bittet ihre Freundin, für jede Aktivität einen Löffel wegzulegen. Die Freundin begann mit: Ich mache mich fertig für die Arbeit“ und legte einen Löffel zur Seite.

Christine unterbrach sie und sagte, dass man wirklich jeden Schritt bedenken müsste, denn bei einer Chronischen Erkrankung kann bereits das aufstehen einen Löffel kosten. Danach müsse sie sich erst einmal ein Frühstück machen, da sie sonst ihre Tabletten nicht nehmen könne. Wenn sie diesen Schritt auslässt, hat sie keinen einzigen Löffel für die nächsten zwei Tage zur Verfügung.

Die Freundin bemerkt, dass sie vieles nicht bedacht hatte (woher auch) und wie schnell manche Löffel einfach verschwinden, ohne dass sie auch nur einen Gedanken daran verloren hatte. Dazu kommt, dass Christine nicht nur mehr Energie für manche Dinge benötigt, sondern das auch noch weitere Aspekte (wie zum Beispiel die Medikamenteneinhame) oder bei anderen das Abführen oder Katheterisieren dazu kommen. Dinge an die ein gesunder Mensch nicht denkt, die Menschen mit Behinderungen oder Chronisch kranken aber viele Löffel kosten können.

Dazu kommt die wirklich harte Erkenntnis, dass uns nicht jeden Tag gleich viele Löffel zur Verfügung stehen. Bei manchen ist es etwas absehbar oder kalkulierbar, bei anderen gar nicht. Ich kenne Tage, da weiß ich: Heute geht es gut, heute ist ein schöner Tag und ich mache das oder das länger, um den Moment voll und ganz auszukosten. Häufig ist auch das ein abwägen, denn oft ist e bei mir vorhersehbar, dass mich diese Aktion Löffel vom nächsten Tag kosten wird. Manchmal so viele, dass ich es hier gar nicht aus dem Bett schaffe. An einigen Tagen ist das ok und annehmbar, an anderen kaum auszuhalten.

Auch darüber schreibt Christine. Als sie merkt, dass der Vergleich bildlich gut ankommt schreibt sie in ihrem Blog darüber. Die Idee findet einen großen Anklang und viele Menschen bezeichnen sich als Spoonys. Und auch wenn du vielleicht kein Spoony bist, dich aber dennoch von meinem Tweet angesprochen gefühlt hast:

Es ist ok. Wir müssen und nicht rechtfertigen. Falls wir meinen es tun zu müssen, dann hilft dir vielleicht diese Erklärung oder Beschreibung. Wir können nicht permanent Löffel und Energie ausgeben, die uns nicht zur Verfügung stehen oder auf Pump leben. Unsere Leben ist vielleicht anders. Aber es ist nicht immer schlecht(er). Wir dürfen versuchen es anzunehmen und darauf achten, dass unsere Löffel nicht ausgehen, oder zur Gabel werden, durch die noch mehr Dinge durchfallen.

 

 

Eure

wheelymum

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1 Kommentar

  1. Kerstin

    Für mich eine der besten Erklärungen die ich je gehört habe. Ich habe eine Muskeldystrophie und habe schon oft versucht Anderen zu erklären, wie es sich anfühlt. Meine Erklärversuche waren aber oft nicht von Erfolg gekrönt. Selbst für mich selber ist es ja schwer zu verstehen, warum die Kraft nicht ausreicht. Die Spoontherorie verbildlicht das Ganze und sie ist sogar für mich selbst hilfreich. Seit dem ich von der Spoontherie gelesen habe und z.B. meinem Mann sage, ich habe keine Löffel mehr übrig, kann ich es leichter verdeutlichen, dass meine Kraft am Ende ist, anstatt zu sagen ich kann nicht mehr.

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