Meine Hebamme

Vor zwei Tagen habe ich einen Schwangerschaftstest gemacht. Er war positiv. (* Ich spreche vom Jahr 2013) Am folgenden Tag, hatte ich einen Termin bei meiner Frauenärztin. Sie bestätigte die Schwangerschaft, gratulierte mir von Herzen und teilte mir ihre ersten Sorgen und Ängste mit.

 

Ich möchte die Verantwortung nicht alleine tragen, da ich nicht weiß, wie sich die Schwangerschaft auf ihre Krankheit auswirken wird oder die Krankheit auf die Schwangerschaft. Ich hätte gerne, dass wir Sie engmaschig kontrollieren – einmal hier bei mir und dann im Wechsel mit der Frauenklinik. ….. Damit werden sie als Risikoschwangerschaft eingestuft. Für ihr eigenes Wohl, empfehle ich Ihnen sich gleich noch eine Hebamme zu suchen. Diese kann sie ebenfalls begleiten und sich wesentlich mehr zeit für sie und die schönen Seiten der Schwangerschaft nehmen. Eine Hebamme ist unersetzlich. Bitte machen sie sich gleich auf die Suche.

 

Mit diesen Worten und dem ersten Termin in der Uni – Klinik verließ ich an diesem Tag meine Gynäkologin. Ich konnte es noch gar nicht glauben und fassen, dass ich wirklich schwanger war, als ich die ersten Hebammennummern heraussuchte. Beim Telefonieren, bekam ich bereits 2 Absagen vom Band: “Leider habe ich zur Zeit keine Kapazitäten mehr frei.”

Einer Hebamme sprach ich aufs Band und bat um einen Rückruf. Bei zwei weiteren wurde ich abgewiesen, da der voraussichtliche Entbindungstermin in ihrer Urlaubszeit lag.

Dann klingelte mein Telefon. Aufgeregt nahm ich den Anruf an und daran war unsere zukünftige Hebamme. Wir sprachen kurz am Telefon miteinander und sie bot mir einen Termin an. Sie würde kurz vorbeikommen und wir besprechen einfach alles in Ruhe.

 

Meine Hebamme kam zu mir nach Hause und wir haben uns sofort gut verstanden. Sie hatte keine Angst vor der Schwangerschaft mit einer besonderen Mama.

Ich habe noch nie eine werdende Mama im Rollstuhl begleitet– und natürlich auch noch nie jemand mit deiner Krankheit. Ich kann dir nichts versprechen, aber ich kann dich gerne auf deinem/euren Weg begleiten und wir können diesen gemeinsam gehen.

 

Und so kam es. Ich hatte regelmäßige Hausbesuche – Wohlfühlbesuche. Ich konnte mit meinen normalen Schwangerschaftsproblemen zu ihr kommen, mir wurde zugehört und sie war einfach nur da. Neben den technischen Untersuchungen, Blutwerten und Diagrammen, war endlich jemand da, der mich als Person sah. Der mein Baby sah. Als werdenden Menschen, ganz ohne Ultraschall. Eine Frau, die mich berührte. Körperlich und seelisch. Ihre Hände lagen auf meinem Bauch. Kein medizinisches Gerät trennte uns. Sie zeigte mir, wie ich die Gebärmutter fühlen kann und ein Gefühl zur Lage meines Babys bekommen kann.

Sie telefonierte mit der Gynäkologin und las sich meine Klinikberichte durch. Sie unterschrieb mir Anträge und gleichzeitig hörte sie mir zu. Sie zeigte mir Entspannungsübungen und erkannte die ersten Vorwehen. Über Whatsapp haben wir geschrieben, als ich im Krankenhaus an der Tokolyse lag. Als ich ihr schrieb…. Heute ist es soweit. In 3 Stunden habe ich den Kaiserschnitt, die Geburt hat eingesetzt – rief sie mich an, sprach mir Mut und Vertrauen zu.

 

 

In der schwierigen Zeit nach der Geburt war sie da. Sie half mir, meine Gedanken auf das Wesentliche zu fokussieren, nahm den Druck der Behörden für uns heraus und besuchte unseren kleinen Sohn auf der Frühchenstation.

In der ersten Zeit zu Hause, war sie da. Sie kam manchmal etwas verspätet oder auch wann ganz anders, aber sie kam mit einem Lächeln. Dieses Lächeln strahlte so viel Ruhe aus, ganz egal was sie vorher erlebt hatte, oder wie sehr sie unter Zeitdruck stand.

Ich weiß nicht, wie ich diese Zeit ohne Sie, unsere Hebamme, überstanden hätte.

Ein Jahr nach der Geburt meines Sohnes, reduzierte sie ihre selbständige Arbeit und fing als Beleghebamme im Krankenhaus an. Ich denke so oft an Sie. Und irgendwann in den letzten Monaten habe ich festgestellt, dass sie gar nicht mehr als selbständige Hebamme arbeitet.

Mein Herz weint.

Ich kann ihre Gründe verstehen. Aber ich kann unsere Gesellschaft nicht verstehen, dass sie solch einen wichtigen Beruf sterben lässt. Dass Hebammen unter solchen Bedingungen arbeiten müssen.

 

Ich liebe meine Hebamme.

Es macht mich unendlich traurig zu wissen, dass ich nie wieder in den Genuss der Zusammenarbeit mit ihr kommen werde. Und so viele andere werdende Mamas ebenfalls nicht.

Wir brauchen unsere Hebammen!

Lasst sie nicht im Regen stehen.

Eure

wheelymum

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3 Kommentare

  1. Kim

    Danke für diesen Text!

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  2. Mother Birth

    So wahre Worte.
    Hast du für diese Schwangerschaft eine neue Hebamme gefunden?

    Liebe Grüße
    Mother Birth

    Antworten
    1. wheelymum (Beitrag Autor)

      Ja, ich habe das große Glück, dass mir meine ehemalige Hebamme, eine Kollegin empfohlen hat und diese erst wieder ab Entbindung 2018 mit der Betreuung, nach ihrer Elternzeit begann.

      Antworten

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